Page 20 - Stadtmagazin "es Heftche"@ | Ausgabe 294, Oktober 2022
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Ein Bericht von Günther Gensheimer
Quellheiligtum Kasbruch in Neunkirchen
mit Besiedlungsspuren aus der Jungsteinzeit
servator Kolling führten im Frühjahr 1977 zu erstaunlichen Feststellungen (veröffentlicht: 25./26. Bericht der Staatlichen Denkmalpfle- ge 1978/79, A. Kolling). Dieser Zufallsfund war Teil einer Bronze-Panzerstatue. 1963 waren im unmittelbaren Umfeld große Quadersteine aus Sandstein und Teile einer hölzernen Wasserleitung gefunden worden, deren Holzfällzeit von den Experten auf 204 (plus/minus 6) nach Christus datiert wurde. 1964 fand man im gleichen Bereich ein Säu- lenstück mit Schuppenmuster von 49,5 cm, wahrscheinlich Teil einer Jupiter- säule. Während der Wasserleitungsarbeiten 1976 hatte der Bagger dort dann Bruchsteine gehoben die zu der Fußbodenheizung (hy- pocaustum) eines großen Hauses gehörten. Das Bronzefragment war wohl Teil einer le- bensgroßen Panzerstatue, wie sie als Ab-bild von Imperatoren (römische Kaiser, Götter, Feldherrn) in römischen Feldlagern bekannt waren. Als obere Brustpartie mit Halsansatz und Stummeln der beiden Oberarme zeigte sie technisch hoch interessante Lötspuren und Nietstellen im Bronze-Gussblech (Bron- ze: Legierung aus 90 Prozent Kupfer und 10 Prozent Zinn). Es handelte sich um einen Fund aus der Pionierzeit. Die einzige bis ins Mittelalter unversehrte Panzerstatue von Bar- letta in Italien (wahrscheinlich für Valentinian I, 365–374 nach Christus) und der Bronze- torso im Meer vor Cadiz (Spanien) künden davon. Vom Kasbruchtal bezeugen seit 1921 Quader- und Keramikfunde eine galloroma- nische Besiedlung im ersten bis dritten Jahr- hundert nach Christus. Aber lebensgroße, transportable Bronzestatuen wurden ehe-
Der Mensch war in grauer Vorzeit meist ebenso wie das Tier den Urgewalten der Natur schutzlos ausgeliefert. Zu den frühesten Denkleistungen gehörte deshalb die schutzheischende Anbe- tung der Naturgewalten: Feuer - Wasser – Sturm. In allen Kulturen wurden sie als Gottheiten angebetet. Das Element Wasser war aber nicht nur heilig, weil es lebenserhaltend war, sondern auch heilbringend.
Im naturverbundenen Polytheismus unserer keltischen Vorfahren spielten die Gottheiten Apollo, Epona, Sirona, Mars und Cnabetius eine große Rolle im Fruchtbarkeits- und Heil- gottkult unserer Heimat. Die Kelten (keltoi/galli ab 550 v. Chr.) betrachteten in ihrer Naturverehrung nicht nur Bäume, son-
Foto des Brustharnisches © HVSN
Zeichnung des Brustharnisches © HVSN
dern auch Flüsse, Bäche, Seen, Moore und Quellen als heilig. Ihr wichtigster Fluß, die Donau, war ihnen als Mutter der Gewässer (Danu = Muttergöttin, die das Himmelswas- ser liefert) besonders heilig. Zahlreiche Flüs- se tragen ihren Götternamen wie Donau, Don. Die Kelten waren ein Volk mit hoher Kunst der Waffenfertigung und der Kampf- technik. Ihr herausragender Mut gründete wohl in ihrem Glauben an die Anderswelt und die Wiederkehr. Den Kelten wurde hohe Heilkunst bei der Wundbehandlung, der Al-
tersgebrechen und der Augenleiden und kos- tenfreie medizinische Versorgung zuge- schrieben. Bei einer solchen Wertschätzung ist es fast selbstverständlich, dass Heilquellen zu Stätten der Götterverehrung wurden. Seit 1753 kennt man Quellheiligtümer in: 1.) Herapel (auf der lothringischen „Sainte Colline“) bei Rossbruck mit der heute noch genutzten Helena-Quelle 2.) dem Sequa- na-Heiligtum an der Seinequelle 3.) dem Quellheiligtum des Apoll und der Sirona zu Hochscheid 4.) dem Altar für die keltische Quell- und Heilgöttin Sirona in der Schlucht des Sudelfelsens bei Niedaltdorf 5.) dem Quellheiligtum von Kindsbach bei Landstuhl mit einer speziell auf dem Pilgerbetrieb ba- sierenden Töpferei. Bericht der staatlichen Denkmalspflege 1978/79, A. Kolling 6.) ein wahrscheinliches Quellheiligtum des Mars Cnabetius im Kasbruch von Neunkirchen – im wasserreichen Bruch unter Eichen (casné) 7.) das Quellheiligtum des Mars Cnabetius beim Dolberg, nahe Nonnweiler in Schwar- zenbach „Spätzrech“. Hier bestand in vor- römischer Zeit ein quadratischer Umgangs- tempel d. Mars Cnabetius der Heilfürsorge, begleitet von Sirona und Diana.
Die Untersuchungen des 58,5 Zentimeter breiten und 18 Zentimeter hohen Fundes aus vier bis sechs Millimeter starkem Bron- zeblech durch den damaligen Landeskon-
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