Page 10 - Ausgabe 035 / Juli 2015
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    Historisches aus unserer Region
Ein saarpfälzisches Kleinod: Die Klinikkirche auf dem Campus
1. Teil
Die Homburger Bauten wurden frei geglie- dert, wobei „frei“ mit dem Begriff: großzügig, nicht beengt, freistehend identifiziert werden kann, in einen entsprechenden Landschafts- aufbau mit Verschönerung der besonderen Art: Veranden und Balkone, Pergolen und Laubengänge, Laufbrunnen (heute nur noch einer), Pavillons, Gartenhäuser u.a. Der Be- griff „Pavillonstil“ taucht zwar in der baube- schreibenden Denkschrift von 1910) also bei Ullmann selbst und bei anderen Autoren bis in die jüngste Vergangenheit immer wieder auf. Der bisherige abstoßende gefängnisar- tige Charakter anderer Anstalten sollte ver- mieden werden. Deshalb auch keine hohe Mauer oder Umzäunung.
Baubeschreibung
Das Kirchengebäude ist zirka 30 Meter lang und in ein Haupt- und ein nördliches Sei- tenschiff gegliedert. Der Turm steht neben einer halbkreisförmigen Apsis, die 8 Rund- bögen und Lisenen andeutet, zur rechten Seite finden wir einen sog. „Portikus“ (kl. Säulengang) mit drei Bögen. Darunter Ein- stieg zum Keller. Eingänge sind eine beson- dere Eigenart bei den historischen Hombur- ger Klinikbauten. Die Kirche an sich wirkt aufgrund der kleinen Fenster als ein Ort, der Zuflucht wie in einer Fliehburg bietet. So E. Domay:„Rückgriff auf Formen der Romanik: Ja, aber doch wieder ganz anders.“ Symme- trische Asymmetrie! Asymmetrische Symme- trie! Zerstörte Harmonie, die dennoch Wohl- empfinden bereitet. Hier sind es die Dreier– arkaden sowohl außen als auch später im Innenbereich als Abtrennung zum „Seiten- schiff“ oder im oberen Teil der Aedicula. Man wird erinnert an den Speyerer Dom aus der Zeit der echten Romanik; hier sind es Elemente der Neoromanik, zugegebenerma- ßen recht frei von Ullmann angewandt. Ge- nauso wechseln sich die Dreier- und Zwei- erarkaden am Turm ab. Oben auf der Turm-
  Sie liegt auf einer kleinen terrassenar- tig angelegten Anhöhe inmitten eines Waldes, den man in dieser Form und Umfang im Universitätsgelände nicht erwarten würde.
Dennoch wäre der Begriff „Waldviertel“ nicht unangebracht. Der Kirchenbau wirkt mit seinem wehrkirchenartigen sog. „Chor- turm“ wie eine mittelalterliche Wehrkirche. Der Hauptchor ist ostwärts. Man nennt sie in Homburg und Umgebung gemeinhin „Anstaltskirche“. Die offizielle Bezeichnung der „Aanschdalld“ lautete bei der Erbauung „Pfälzische Heil- und Pflegeanstalt“.
nern. Aber, und das ist bedeutsam: nicht nur. Die heutige Klinik mit Campus geht auf die Planungen einer Heil für psychisch Kranke durch den Kgl.-Bayerischen Bauamtsassessor Heinrich Ullmannn im Jahr 1904 zurück. Ullmann konzipierte die Anlage im damals als fortschrittlich geltenden - und wie er selbst ihn nannte - Pavillonstil. Während andernorts die Pavillons geometrisch angeordnet wurden, bettete Ullmann diese malerisch in die Um- gebung ein und vermittelte so den Eindruck einer Gartenstadt: Laubengänge, Brunnen, so- gar kleine Grotten durchzogen das Gelände. Natürliche Schönheit. Bis heute besteht der Weg zur Kirche aus einer Sandsteintreppe.
Reformbaukunst und Heimatstil
Heinrich Ullmann ist der klassische Vertreter dieser Bauform, die pünktlich zu Beginn des 20. Jahrhundert als bewusste Contra-Archi- tektur zum Historismus angewendet wurde. Sie sollte zu sachlichen, schlichten, auch monumentalen Architekturformen der Re- gion zurückkehren. Der „Deutsche Werk- bund“ griff diese ursprüngliche englische Re- formbewegung John Ruskins auf. Ullmann fand sich hier wieder und stellte den Aus- gleich her zwischen mittelalterlichen Bau- formen und einer neuen einfachen Natür- lichkeit. Diese Natürlichkeit bezog sich auch auf die Umgebung und nahm unmittelbar selbst auf die gärtnerische Gestaltung Einfluss. Die Heimatstil-Architektur verband Monu- mentalität mit Schlichtheit. Gutes Handwerk (Sandsteinverarbeitung, Putz, Holzelemente wie Türen, Fenster, Pergolen), Dächer, Dach- und Balkonüberstände waren selbstverständ- lich, die Materialien meist aus der Region.
  Kircheneingang zur früheren Frauenseite (Fraueneingang)
Während der Bauzeit in den Jahren 1906- 09 wurden 350 ha benötigt, Gelände, das größtenteils kostenfrei seitens der Stadtge- meinde Homburg zur Verfügung gestellt wur- de. Trotzdem die Kirche „versteckt“ scheint, steht sie inmitten anderer Gebäude, südwest- lich schließt sich ein schöner kleiner Wald an. Die sog. „Simultankirche“ wurde um 1908 gebaut, ein Jahr später fertiggestellt im sog. „Heimatstil“, weil er auf ältere Baufor- men der Region zurückgreift. Quasi ein Wechselspiel zwischen Stein, Stuck und Putz). Integriert wurde – wie im gesamten Gelände bei den hervorgehobenen Gebäu- den wie Aula, Leichenhaus und Verwaltung der bekannte „Jugendstil“, besonders im In-
Landeskrankenhaus des Saargebietes in Homburg (Saarpfalz), Kirche
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