Page 16 - Stadtmagazin "es Heftche"® | Ausgabe 123, November 2022
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Der Untergang des Römischen Reiches
Sehenswerte Ausstellungen in Trier mit aktueller Brisanz
den Hunnensturm 375) nichts mehr entge- gensetzen. So verloren sie den Rückhalt in der Bevölkerung. Diese litt unter Bürgerkrie- gen, Beutezügen, Preissteigerungen (Inflati- on) und hatte Angst um Leben, Hab und Gut. Das belegen die vielen Hortfunde. Währenddessen lebte die Elite der Groß- grundbesitzer, Staatsbeamten und Militärs dank hoher Steuereinnahmen aus den Pro- vinzen im Überfluss. Sie neigte zu Ver- schwendungssucht, Exzessen und Selbst- überschätzung, worunter vor allem die Ver- teidigungsbereitschaft und -kompetenz litt. Disziplinlosigkeit, Pflichtvergessenheit, Ver- antwortungslosigkeit, Konsum- und Profit- gier, Luxusorientierung, Korruption, Macht- missbrauch und Arroganz erschütterten das traditionelle römische Tugend- und Werte- system und den Sinn für das Gemeinwohl. Die Unzufriedenheit vieler Bürger minderte
Trier, die älteste Stadt und zugleich der älteste Bischofssitz Deutschlands, war in der Spätantike eine römische Kai- serresidenz und zählt zu den bedeu- tendsten Metropolen des Altertums. Ihr Name lautete damals „Augusta Tre- verorum“.
Authentische Monumente der Römerzeit sind dort heute noch zu besichtigen: die Por- ta Nigra, die Kaiser- und Barbarathermen, das Amphitheater, die Konstantin-Basilika, die Römerbrücke usw. Zudem laden die Trie- rer Museen regelmäßig zu spektakulären Landesausstellungen mit umfangreichem Be- gleitprogramm ein: 2007 „Konstantin der Große“, 2016 „Nero – Kaiser, Künstler und Tyrann“, 2018 „Karl Marx“ – und 2022 (vom
deshalb „mare nostrum“ („unser Meer“). In dem Vielvölkerstaat waren große Teile Euro- pas, Nordafrikas und des Nahen Ostens mit zahlreichen Kulten, Religionen, verschiede- nen Sitten und Gebräuchen integriert. Die Kaiser wirkten als Führungs- und Integrati- onsgestalten. Die straffe Reichsverwaltung
Schüler(innen) der AG Geschichte des Saar- pfalz-Gymnasiums vor dem Kolosseum, dem Wahrzeichen der „Ewigen Stadt“ (2011)
25. Juni bis 27. November) widmet man sich dem Thema „Der Untergang des Römischen Reiches“. Es ist weltweit wohl die erste große Ausstellung zu diesem Thema. Hochkarätige Exponate, aktuelle Forschungsergebnisse und Diskussionsthesen vermitteln einen Ein- blick in die komplexen Ursachen des Un- tergangs, in Theorien und Mythen. Die zen- trale Ausstellung im „Rheinischen Landes- museum“ beleuchtet sehr differenziert die vielschichtigen Gründe und Prozesse für den Niedergang im 4. und 5. Jahrhundert. Sie veranschaulicht zudem, welche römischen Errungenschaften und Traditionen verloren gingen oder in abgewandelter Form im Mit- telalter und in der Neuzeit weiterlebten, u.a. im „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“. Die Auseinandersetzung mit der Frage, wie ein jahrhundertelang florierendes Weltreich zerfallen konnte, wirft natürlich angesichts der vielen Parallelen zur heutigen Krisenzeit brisante Fragen nach der Dauer- haftigkeit unseres eigenen Staatswesens auf. Das Imperium Romanum umfasste das ge- samte Mittelmeer. Die Römer nannten es
Die Römerbrücke über der Mosel in Trier
mit innovativer Infrastruktur (Straßen, Brü- cken, Aquädukte), regelmäßige Steuerein- nahmen und Tribute, ein schlagkräftiges Heer und ein hohes Maß an Toleranz und Disziplin garantierten Wohlstand und Sicher- heit. In der Spätantike mehrten sich aller- dings die Krisensymptome: Zahlreiche Krie- ge verbrauchten die Ressourcen, 395 wurde das krisengeschüttelte Imperium aufgeteilt in ein Ost- und Westreich, selbstherrliche Generäle schwächten die Zentralgewalt des Kaisers mit ihrem eigenen Machtausbau und innerrömische Machtkämpfe zwischen riva- lisierenden Herrschern sorgten für anhalten- des Chaos. Die ständigen Konflikte besaßen ein selbstzerstörerisches Potential und gelten als Hauptursache für den Niedergang. Die innere Schwäche und unsichere Lage lockte feindliche Plünderer ins Land, die Kaiser ver- sagten bei ihrer Hauptaufgabe, der Friedens- sicherung, und konnten dem Ansturm vieler Völker („Völkerwanderung“, ausgelöst durch
Teil der Kaiserthemen-Ruinen in Trier
den persönlichen Einsatz für den Staat, der auf Hilfstruppen aus den romanisierten ger- manischen Stämmen angewiesen war. Man spricht deshalb von einer „Barbarisierung (Überfremdung) der spätrömischen Armee“. Reiche Provinzen als wichtige Versorgungs- und Einnahmequelle gingen zunehmend verloren. Die Überfremdung der Gesellschaft durch Zuwanderer, ebenso Naturkatastro- phen, Seuchen und Klimaveränderungen spielen angesichts der spätrömischen Deka- denz sicherlich eine untergeordnete Rolle beim Auflösungsprozess des Weltreichs, der sich in zwei großen Schritten vollzog: 476 endete das Weströmische Reich mit der Ab-
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