Page 18 - Stadtmagazin "es Heftche"® | Ausgabe 126, Februar 2023
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Die faszinierende Königin der Meere
Eindrücke eines Kreuzfahrt-Skeptikers auf der „Queen Mary 2“
und zählt zu den größten und komfortabels- ten Passagierschiffen der Welt. Die großzü- gige Ausstattung, ihr kunstvolles und ästhe- tisches Interieur sowie die exzellenten An- gebote an Bord machten sie zum begehrten Kultsymbol, das ein Gefühl von Freiheit und Luxus vermittelt. Die Ausstattung mit Stabi- lisatoren garantiert zudem eine ruhige Fahrt. Was mich am meisten interessierte, war das Lebensgefühl auf diesem Ozeanriesen, der mich an die legendäre Titanic erinnert. Zu- dem wollte ich Eindrücke von den Sicher- heitsvorkehrungen, dem Auftreten der Gäste, dem Essen, den Unterhaltungs- und Freizeit- möglichkeiten, den hygienischen Verhältnis- sen u.a. erhalten. Der Reisepreis für meinen Kurztrip von Southampton (Südengland) durch den Ärmelkanal nach Hamburg war erschwinglich, beinhaltete einen Flug von Luxemburg nach London und einen Aufent- halt in Hamburg mit vielen Annehmlichkei- ten sowie eine Busfahrt nach Hause. Ein ver-
Repräsentativer Teil des weiträumigen Britannia-Restaurants
lockendes, perfekt geplantes Angebot; der Reiseveranstalter gab sich jede erdenkliche Mühe. Es gab keine langen Wartezeiten, flugs wurde man per Bus von London in die Hafenstadt Southampton gebracht und un- verzüglich begann die reibungslose Einschif- fung. Ein äußerst nettes Personal half pro- fessionell bei den Formalitäten (Reisepass, Corona-Impfnachweise, Zahlungsmodalitä- ten, Koffertransport usw.). Die Bordsprache ist Englisch, aber bei Sprachproblemen hel- fen deutschsprachige Assistentinnen. Das Schiff ist so gigantisch, dass es vor der Ein- schiffung kaum möglich war, es als Ganzes zu fotografieren. Das gelang mir erst in Ham- burg: Nach der Ankunft stieg ich auf den Turm des Michels (Hauptkirche Sankt Mi- chaelis, Wahrzeichen der Hansestadt) und hatte von dort einen wunderbaren Blick auf den Hafen, wo die QM2 seit dem frühen Morgen lag, bis sie am Spätnachmittag mit
„Wenn ich nicht gerade auf einer Kreuzfahrt bin, dann träume ich davon oder plane bereits die nächste.” So lau- tet ein euphorischer Urlaubsspruch von Kreuzfahrt-Reisenden. Sonne, Meer, leichte Brise, Ruhe, Tanz und Musik, gutes Essen und allerlei Kom- fort versprechen Erholung und gelten als die beste Medizin.
Die ZDF-Fernsehserie „Das Traumschiff“ be- wirkte seit 1981 mit berauschender Musik und traumhaften Kulissen hohe Einschalt- quoten. Zusammen mit dem spektakulären Spielfilm „Titanic“ (1997) nach bewährtem Hollywood-Muster etablierte sie in der Rei- sebranche weltweit einen Kreuzfahrt-Boom, der bis heute anhält. Gerade nach der ent- behrungsreichen Corona-Pandemie wächst die Lust auf Sehnsuchtsreisen. Kreuzfahrten
Die Queen Mary 2 (QM2) im Hamburger Hafen, fotografiert vom Turm des „Michels“, dem Wahrzeichen der Hansestadt
auf riesigen Schiffen, die mit ihrem Luxus an Bord den Eindruck von schwimmenden Vergnügungsparks vermitteln, gehören zu den beliebtesten Reisearten. Ihre Fans schwärmen: „Hat die Schiffsreise einmal dei- ne Seele berührt, lässt sie dich nie wieder los.“ Umweltschützer und Anwohner von Hafenstädten beklagen jedoch seit Jahrzehn- ten die negativen Begleiterscheinungen der Kreuzfahrtriesen. Die Verschmutzung der Luft mit hochgefährlicher Feinstaubkonzen- tration und die Schadstoffbelastung der Mee- re sorgen für heftige Kritik. Kreuzfahrten ge- hören zu den schmutzigsten Urlaubsarten und schädigen das ökologische Gleichge- wicht. Die mit ca. 2.000 bis 8.000 Men- schen beladenen „Monsterschiffe“ wagen sich in weit entfernte Regionen (z.B. Polar- kreis) vor und stellen bei unvorhergesehenen Zwischenfällen ein extremes Sicherheitsrisi- ko dar. In vielen Gegenden sind sie daher nicht mehr willkommen, denn diese extrem profitorientierte Art des Massentourismus hinterlässt erschreckende Spuren von Müll, Lärm, Stress und Unbehagen in den Zielge- bieten. In einigen überforderten Hafenstäd-
ten wird den Kreuzfahrtschiffen inzwischen die Landeerlaubnis verweigert. An ihren Pas- sagieren können die Einheimischen ohnehin wenig verdienen, da alles Lebensnotwendige an Bord angeboten wird. Camper und Ruck-
Die Namensgeberin der QM2: Büste von Queen Mary (1867-1953), der Ehefrau von König Georg V. und Großmutter der briti- schen Königin Elizabeth II.
sacktouristen geben in den Touristenmetro- polen angeblich mehr Geld aus als gesättigte Kreuzfahrer, deren Nutznießer vor allem die Reedereien mit Milliardenerträgen sind. Da- mit ihre Goldgrube weiter Gewinn abwirft, müssen sie sich jedoch immer mehr auf Um- weltschutz und Nachhaltigkeit (emissions- freie Schiffe) umstellen.
Der repräsentative Eingangsbereich der QM2: die Grand Lobby
Als Kreuzfahrt-Skeptiker wollte ich mir kürz- lich vor Ort ein eigenes Bild machen, warf all meine Vorurteile über Bord und buchte mit großer Neugier eine dreitägige Schnup- perfahrt auf dem Schiff, das mir am ange- nehmsten erschien: auf der „Queen Mary 2“ (QM2), der sogenannten „Königin der Meere“. Sie wurde 2004 in Dienst gestellt
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