Page 11 - Ausgabe 094 / Juni 2020
P. 11

 mitgegeben. Von Weizsäcker entließ die Deutschen explizit nicht aus ihrer Verant- wortung für das, was geschehen war. Viel- mehr erwachse aus dem Wissen über die Geschehnisse der Vergangenheit die zwin- gende Verpflichtung, Verantwortung zu über- nehmen.
35 Jahre nach Weizsäckers Rede sind heute eine Reihe von Themen und Entwicklungen bedeutsam, die besonderer Verantwortung bedürfen. Nur zwei Aspekte seien genannt:
• Dass in den letzten Jahren rechte Gruppie-
rungen, Ideologen und Ideologien zuneh- mend Zulauf bekamen und bekommen, dass unkaschierter Rassismus, Fremden- feindlichkeit und Hass so zunehmen konn- ten, dokumentiert, dass die von Weizsäcker geforderte Verantwortung in vielen Köpfen nicht angekommen scheint und keine Leh- ren aus der Vergangenheit gezogen wurden.
• Dass die Freiheit der Presse nicht mehr als Selbstverständlichkeit angesehen wird, ist nicht zuletzt der Vielfalt individuell nutz- barer neuer, vor allem technischer Medien geschuldet. Auch bei deren Gebrauch ist besondere Verantwortung gefordert. Die gezielte Verbreitung von Lügen („Fake News“) steht beispielhaft dafür, dass hier verantwortungslose Akteure systematisch am Werk sind.
Philipp Jakob Siebenpfeiffer forderte – in der Sprache der damaligen Zeit – stets Wach- samkeit zu üben und das „Gewissen“ stets zu überprüfen und zu schärfen. Willi Graf, Mitglied der Widerstandsorganisation „Wei- ße Rose“, hat aus anderem zeitlichen Blick- winkel und zeitgenössischem Kontext ähn- lich postuliert: „Jeder Einzelne trägt die gan- ze Verantwortung. “
Die Gedanken von Weizsäckers gehen in die gleiche Richtung und entlassen keinen aus der Verantwortung. Dr. Gallo, Vorsitzen- der auch der DPG Saar, dazu: „Wenn es heute Menschen gibt, die aus ihrer Sicht dem 8. Mai 1945 die Bedeutung als Tag der Be- freiung absprechen wollen oder ihn relati- vieren wollen mit der Aussage, es sei auch ein Tag der absoluten Niederlage gewesen, so sei denen ein Aspekt in Erinnerung ge- bracht: Die angebliche Niederlage war schlicht Folge dessen, was Nazi-Deutschland am 1. September 1939 mit dem Überfall auf Polen völlig grundlos losgetreten hat. Die Dimension dessen ist in der Tat schwer zu verstehen, ganz sicher aber nicht wegzudis- kutieren. Insgesamt ist die Rede von 60 bis 80 Millionen Toten weltweit. Allein in Polen sind diesem Wahnsinn etwa 17,2 % (!) der Bevölkerung, 6 Millionen Menschen, zum Opfer gefallen.“
Dr. Gallo weiter: „Diese Zahlen sind so un- fassbar. Es waren aber alles Einzelschicksale. Jeder, der Zweifel hat an der Verantwortung
von uns allen, sollte das Museum der Familie Ulma in Markowa im Powiat Ła cut, neben dem Powiat Przemysl der zukünftige, zweite Partnerkreis des Saarpfalz-Kreises, besu- chen“. Am 8. Mai 2020 hätte im Rahmen einer gesonderten Sitzung des Kreistages, diese Partnerschaft offiziell bestätigt werden sollen. Sitzung und Unterzeichnung der Part- nerschaftsurkunde mussten coronabedingt leider abgesagt werden.
Diese Verantwortung, an die uns Richard von Weizsäcker mahnt, ist die Basis der Part- nerschaftsarbeit, der sich der Saarpfalz-Kreis, der sich die Deutsch-Polnische Gesellschaft Saar, der sich die Siebenpfeiffer-Stiftung ver- schrieben haben. Das möchte Dr. Gallo auch im Rahmen der Reihe „Landrat macht Schule“ vermitteln. DPG-Vorsitzender Dr. Gallo: „Damit kommen wir der Verantwor- tung nach, die jeder von uns hat, so wie es der ermordete Widerstandskämpfer Willi Graf, ein Zeitgenosse Richard von Weizsä- ckers, an seine Schwester geschrieben hatte. Noch einmal: Jeder Einzelne trägt die ganze Verantwortung. Diese Verantwortung und das historische Wissen um das, was wir lei- der nicht mehr ungeschehen machen kön- nen, ist die Grundlage, gemeinsam für un- sere Partnerschaften, auch und gerade mit Polen, zu werben und dafür zu arbeiten. Für Frieden, für Europa und für unsere Kinder und Kindeskinder. So wollte es Richard von Weizsäcker!“.
Weitere Informationen zum Saarpfalz Kreis finden Sie auch im Internet un-
Öffnungszeiten der Kompostieranlage
Reguläre Sommeröffnungs- zeiten wieder gültig
Bis zum 30. November 2020 ist für die städ- tische Kompostieranlage „Hinter den Fich- ten“ wieder die reguläre Sommeröffnungs- zeit gültig.
Ab sofort können Sie Ihren Kompost zu den üblichen Sommeröffnungszeiten an der städtischen Kompostieranlage „Hinter den Fichten“ abgeben
In den Sommermonaten ist die Kompostier- anlage dienstags, freitags und samstags von 9.00 - 16.00 Uhr geöffnet. An allen anderen Tagen ist sie geschlossen.
Wir bitten um Beachtung der geänderten Öffnungszeiten. Mehr Infos auch unter www.bexbach.de. n
Ausgabe 094 / Juni 2020
11
ter www.saarpfalz-kreis.de.
n
Anzeige













































































   9   10   11   12   13