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lungen und Alkoholsucht nehmen zu. Herz- lichkeit, Mitgefühl, Verständnisbereitschaft, Leichtigkeit und Nächstenliebe sucht man immer öfter vergeblich. Viele, vor allem äl- tere und alleinstehende Menschen, sind ein- sam geworden, haben ihren Frohsinn und ihr Lächeln verloren. Kein Wunder, wenn
Nach der Corona-Zwangspause werden die Restaurierungsarbeiten an der Kathedrale Notre-Dame in Paris fortgesetzt (hier ein Foto vor dem Brand am 15./16. April 2019)
Maskenpflicht herrscht und lächelnde Zeit- genossen kaum noch wahrgenommen wer- den können! Mit dem Zauberwort „Digita- lisierung“ ist leider auch eine Zunahme von Lieblosigkeit, Gefühlskälte, Spontaneität und persönlicher Distanz verbunden. Nähe be- deutet in Corona-Zeiten Risiko. Wer will da
verlieren. Auf den Druck der Straße hin ver- suchen die Politiker inzwischen, spürbar ge- genzusteuern und die Menschen aus ihrer Schockstarre zu befreien. Nachdem Deutsch- land Mitte März 2020 nahezu lahmgelegt wurde, gibt es vor allem seit Mai eine un- übersichtliche Flut von Lockerungen, die vie- le aufatmen und wieder Pläne schmieden lassen. Unterstützt werden diese Maßnah- men durch Konsumanreize, um die herun- tergefahrene Wirtschaft wieder anzukurbeln. Die Bundesregierung hat nach Hilferufen von allen Seiten das größte Konjunkturpaket der deutschen Geschichte in Gang gesetzt. Eine gigantische und mutige Investition für eine gute Zukunft. Laut Bundesfinanzminis- ter Olaf Scholz und Bundeswirtschaftsminis- ter Peter Altmaier sollen mit einer Neuver- schuldung von hunderten Milliarden Euro Stabilität und Kauflaune erzeugt werden, um Schadensbegrenzung zu gewährleisten so- wie die Überlebensfähigkeit und das Durch- haltevermögen der deutschen Wirtschaft zu
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stärken. Die enorme Schuldenlast in dieser Notzeit sei ein kalkulierbares Risiko, um mit Wucht gegen die Krise vorzugehen. Als Otto
Lea Marie Bauer und Niklas Alff
aus der Klasse 5d des Saarpfalz-Gymnasiums mit Atemschutzmasken,
die das Logo ihrer Schule tragen
Normalverbraucher fühlt man sich erinnert an das Ohrwurmlied des Kölner Unterhal- tungskünstlers und Karnevalisten Jupp Schmitz aus dem Gründungsjahr der Bun- desrepublik Deutschland (1949): „Wer soll das bezahlen, wer hat das bestellt, wer hat
LOCKRUF: Wenn der Ruf nach Lockerung zum Lockruf wird ... – ein zweiteiliges Gemälde von Jutta Mohr aus St. Ingbert
tanzen, Freunde besuchen oder ins Kino ge- hen? Wenn Arbeitskräfte zu Erfüllungsgehil- fen und Funktionsträgern degradiert werden, besteht die Gefahr, dass wir das Menschsein
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