Page 12 - Ausgabe 103 / März 2021
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Das Problem mit den Straßennamen
Bitte keine Alex-Deutsch-Straße mit Schlachthofkulisse
denn mit Jugendlichen hat er sich gern be- schäftigt. Er hat sie aufgeklärt über die Ver- brechen der Nazis und ihnen eine bessere Zukunft mit Menschenwürde, Toleranz, Ge- rechtigkeit und Friedensliebe aufgezeigt. Die
Die saarländischen Jusos fordern die Umbenennung der „Straße des 13. Ja- nuar“ in Saarbrücken und wünschen sich stattdessen eine „Alex-Deutsch- Straße“. Der kritisierte Straßennamen erinnert an die Volksabstimmung am 13. Januar 1935, bei der 90,4 Prozent der saarländischen Wahlbeteiligten sich für den Anschluss an das Deutsche Reich unter Adolf Hitler entschieden.
Die extrem hohe Wahlbeteiligung von 98 Prozent an diesem eiskalten Wintertag of- fenbart das energische Verlangen, wieder „heim ins Reich“ zu kommen. Als Folge des verlorenen Ersten Weltkrieges stand das Saar-
Die Saarbrücker „Straße des 13. Januar“ führt geradewegs zum Schlachthof
gebiet nämlich seit 1920 unter der Verwal- tung des Völkerbundes und dem Einfluss der unbeliebten Franzosen. Die „Straße des 13. Januar“ führt geradewegs zum Saarbrücker Schlachthof. Was für ein makaberer Sym- bolcharakter angesichts der industrialisierten Mordmaschinerie in Hitlers Terrorstaat, zu dem folglich ab 1. März 1935 auch das Saar-
Alex Deutsch (Mitte) mit seiner Frau Doris
und Eberhard Jung, dem Leiter der AG Ge- schichte, vor seinem Vortrag in der Aula des Saarpfalz-Gymnasiums (2008)
gebiet gehörte! In weiten Kreisen macht man sich seit vielen Jahren über diesen Straßen- namen mit Schlachthofkulisse lustig. Grund- sätzlich ist der Straßennamen sicherlich be- rechtigt, zumal er als Mahnung verstanden werden soll. Aber muss das in Schlachthof- nähe sein? Die Erinnerung an den Schick- salstag 13. Januar 1935 zu tilgen, wie es die Jusos nachdrücklich fordern, würde zur Ge-
schichtsvergessenheit beitragen. Das wird doch hoffentlich keiner ernsthaft wollen! Umso überraschender ist es, dass sich die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) dem Vorschlag der Jusos anschließt. Sie möchte
Doris und Alex Deutsch mit Friedenstaube auf einem Wandgemälde von Alina Keßler
dem jüdischen Auschwitz-Überlebenden ein würdiges Denkmal setzen. In der Saarbrü- cker Schlachthofszenerie??? Geht’s noch schlimmer??? Wenn man den Menschen- freund Alex Deutsch mit einem Straßenna- men ehren möchte, was bisher noch nir- gendwo geschah, dann hätte er doch sicher- lich ein passendes Wohngebiet verdient. Schön wäre es in der Nähe einer Schule,
Briefmarkenentwurf der AG Geschichte nach einer Vorlage der Schülerin Alina Keßler
Jugendlichen haben es ihm gedankt, ihn ge- schätzt und verehrt – was gewiss auch dem Geist und dem Anliegen der Jusos entspricht. Sie sollten sich allerdings eine geeignetere Straße zur Ehrung eines Idols für Völkerver-
August 2008: Alex Deutsch erhält in der Aula des Saarpfalz-Gymnasiums von begeisterten Schü- ler(inne)n ein Wandtransparent als Geschenk zu seinem 95. Geburtstag
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