Der Rechtsexperte informiert
Bitte keine „Erbeinsetzungen“ auf einzelne Vermögensgegenstände! Was ist denn der Unterschied zwischen „Erbe“ und „V
Vielleicht gehören Sie auch zu den Menschen, die schon einmal Schwierigkeiten mit der (jedenfalls auf den ersten Blick!) etwas eigenartigen und nicht immer leicht verständlichen „Juristensprache“ gehabt haben.
Dies mag in der Tat auch des Öfteren an den Juristinnen und Juristen selbst liegen, die, wie viele Fachleute – denken Sie nur an Ärzte, Architekten und Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen – „ihre eigene Fachsprache pflegen“
Insofern ist es Aufgabe von Anwältinnen und Anwälten, sich im Kontakt mit Mandanten und den rechtsuchenden BürgerInnen möglichst so auszudrücken, dass oftmals komplexe rechtliche Sachverhalte so dargestellt werden, dass sie auch für den juristischen Laien verständlich und nachvollziehbar sind.
Dennoch ist es so – genauso wie in der Medizin –, dass für die Bezeichnung und Abgrenzung von bestimmten Sachverhalten/Befunden es nun einmal feststehende Fachbegriffe gibt, deren Sinn es gerade ist, für Klarheit und Unterscheidung zu sorgen.
Vor allem dann, wenn diese Begriffe in einem Gesetz so vorgegeben sind.
Womit wir beim Thema wären!
Bei der Abfassung von Testamenten ist es von ganz großer, ja sogar ausschlaggebender, Bedeutung, die – unterschiedlichen! – Begriffe „Erbe“ und „Vermächtnisse“ zu kennen, zu unterscheiden und dementsprechend richtig und eindeutig/rechtssicher auch konkret im Testament zu formulieren.
Dies mag in der Theorie einfach klingen – ist es in der Praxis aber durchaus nicht!
Keine Angst: Wir wollen Sie jetzt aber keineswegs mit langen juristischen Begriffsbestimmungen langweilen!
Dennoch ist es wichtig – in aller Kürze, aber prägnant – den wichtigen Unterschied zwischen den häufig in Testamenten verwendeten Begriffen „Erbe“ und „Vermächtnis“ darzustellen:
Oft liest man z.B. im Testamentstext von Laien: „Mein Erbe/meine Erben sollen sein …“ oder „Ich vermache … mein … an …“
Nicht immer geht aber klar hervor, was der Testamentsverfasser/die Testamentsverfasserin damit genau und wirklich meint!
So war gerade in einem uns als Fachanwälte für Erbrecht vorgelegten Testament vom verstorbenen „Onkel Otto“ zu lesen (abgekürzt/Namen abgeändert):
„Helga bekommt mein Wohnhaus Blieskastel, Frieda mein Mietshaus Homburg, Gerhard meine beiden Pkws, Ingrid meine Sparkonten, Jürgen mein Aktiendepot“.
So weit, so gut – bzw. so weit, so schlecht!
Wer ist nun aber – rechtlich betrachtet. – Erbe/Miterbe geworden?
„Erbe“ ist nach den gesetzlichen Vorgaben Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), wo im 5. Buch das deutsche Erbrecht geregelt ist, der unmittelbare Rechtsnachfolger des Erblassers. Also die Person die „in der Sekunde“ des Versterbens einer Person „in deren Fußstapfen tritt“ und zwar so in das Vermögen des Erblassers, wie es sich in dieser "Sekunde des Todes" darstellt – also mit allen Vermögenswerten (Haus, Sparvermögen, sonstigen Vermögensgegenständen etc.), die dem Erblasser gehört haben – auch mit etwa vorhandenen Schulden (z.B. noch nicht beglichen Rechnungen, überzogenes Gehaltskonto, etc.).
Wenn der Erbe/die Erben nicht im Testament bezeichnet sind, tritt – wie Sie vielleicht wissen – eben mangels vorliegender letztwilliger Verfügung (praktisch ersatzweise) – die sog. „gesetzliche Erbfolge“ (die nächsten blutsverwandten Personen + ggf. Ehegatte) ein.
„Vermächtnis“ – im Gegensatz zum „Erben“ – bedeutet, dass einer Person (lediglich) bestimmte Gegenstände – eben vermächtnisweise – vom Erblasser zugewendet werden.
Diese Personen sollen also nicht „im gesamten“ Erbe (unmittelbare Rechtsnachfolger) werden, sondern „lediglich“ bestimmte Gegenstände erhalten:
z.B. eine bestimmte Geldsumme, Pkw, Musikinstrument, Kunstgegenstand, Handwerkszeug, sonstige persönliche Gegenstände des Erblassers.
Zurück zu dem eben genannten Testament von Onkel Otto:
Er hat also versäumt klarzustellen, wer der Erbe (Alleinerbe) oder die Erben (mit bestimmten Quoten, z.B. ½,1/3, etc.) werden sollen.
Folglich muss das Testament in einem lang andauernden Erbscheinsverfahren vom Nachlassgericht – mit allen Unwägbarkeiten und oft überlanger Verfahrensdauer – ausgelegt werden:
• Wer ist hier Erbe geworden? Nur die Erben werden im Erbschein eingetragen!
• Was ist mit den Vermögensgegenständen, die Otto nicht im Testament genannt hat?
• Sollten im Übrigen neben den genannten Personen die gesetzlichen Erben gemeint sein?
• oder wollte Otto mit diesem Testament sein gesamtes Vermögen umfänglich aufteilen
• könnte es sein, da das Wohnhaus viel mehr wert ist als die übrigen Vermögensgegenstände, dass er sogar wollte, dass Helga seine Alleinerbin werden sollte und die anderen bezeichneten Personen nur Vermächtnisnehmer sein sollten?
Sie sehen:
Fragen über Fragen, die nunmehr im Erbscheinsverfahren – ggf. auch kontrovers und mit streitigen Ansichten unter den beteiligten Personen – ausgefochten und vom Gericht durch schwierige Auslegung ermittelt werden müssen.
Was hat Otto falsch gemacht? – bzw. genauer ausgedrückt: Was hätte Otto besser machen können?
Wichtig, aber immer wieder nicht beachtet!
Er hätte zunächst eine Erbeinsetzung vornehmen müssen (z.B. Erbeinsetzung Helga als Alleinerbe oder Aufteilung seiner Erbschaft nach Quoten) und dann die Aufteilung seines Vermögens nach einzelnen Gegenständen mit Vermächtnissen.
Wenn dies auch in der Theorie einfach klingt – in der Praxis ist es durchaus anspruchsvoll, dieses Verhältnis von Erben und Vermächtnisnehmer konkret und rechtssicher zu formulieren („rechtlich einwandfrei zu Papier zu bringen“).
Damit es eben nicht zu langwierigen und kontroversen Auslegungen und Streitigkeiten mit überlangen und kostspieligen Erbscheinsverfahren bzw. Erbprozessen kommt!
Fazit dieser „kleinen Lehrstunde“ über die oft verwechselten Erbrechts- Begriffe:
Manchmal hat die „Juristensprache“ – genauso wie in der Medizin – doch ihre wichtige Praxis – Bedeutung.
Wir hoffen, dass Sie erkannt haben, dass ein Laien–Testament – liegen dem noch so gute Vorüberlegungen Ihrerseits zugrunde – von einer Fachanwältin/Fachanwalt für Erbrecht formuliert werden sollte – natürlich ausschließlich nach Ihren persönlichen inhaltlichen Vorgaben und Wünschen.
Hätte Onkel Otto dies berücksichtigt, würde es jetzt keinen Verdruss und Streit innerhalb seiner Neffen und Nichten über die Auslegung des Testamentes und „wer was bekommt“ geben und erhebliche Gerichtskosten/Anwaltskosten für das streitige Erbscheinsverfahren hätten eingespart werden können.
In solchen Erbscheinsverfahren wird der Geschäftswert vom Nachlassgericht festgesetzt – maßgeblich demnach sowohl für die Gerichtskosten als auch die Anwaltskosten.
Wie Sie sicher nachvollziehen können, belaufen sich diese Geschäftswerte in Erbschaftssachen fast immer auf sechsstellige bzw. manchmal auch siebenstellige Beträge.
Hingegen die Kosten für die anwaltliche Ausarbeitung Ihres persönlichen Testamentes oftmals nur ein Bruchteil dieser überaus hohen Kosten ausmachen. Zumal für die einzelnen Gestaltungen mit Ihrer Fachanwältin/Ihrem Fachanwalt je nach konkretem Auftrag auch Pauschalvergütungen oder Stundenvergütungen statt dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz frei vereinbart werden können.
Wir wünschen Ihnen gute Überlegungen für Ihre persönlichen und für Sie und Ihre Angehörigen wichtigen testamentarischen Gestaltungen!
Weitere interessante Informationen über die Kanzlei Rechtsanwältin Monika Fries & Rechtsanwalt Klaus Herrmann, Ihre Fachanwaltskanzlei für Erbrecht, Vermögensnachfolge sowie Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung: Schlossbergstraße 2, 66440 Blieskastel, Telefon 06842-2523 oder 06842-53022, E-Mail: kanzlei@fries-herrmann.de. Infos auch online unter: fries-herrmann.de. RA Klaus Hermann