Ältester Verein Bexbachs Teil 2
Die Bergknappenkameradschaft St. Barbara (gegründet 1859)
Im zweiten Teil über den ältesten Verein Bexbachs wirf der Autor Hans-Joseph Britz einen Blick in die Vergangenheit in der Zeit des 3. Reiches, der Neugründung 1955 und die Gegenwart der Bergknappenkameradschaft St. Barbara.
Die Zeit des III. Reiches
Schwere Zeiten für die Bruderschaft, Vorläufer des heutigen Knappenvereins, begannen während des III. Reiches. 1933 betrug die Mitgliederzahl fast 90. Drei Jahre später - nach der mittlerweile erfolgten Machtergreifung Hitlers - beschießt man die Übernahme des katholischen Arbeitervereins in die St. Barbara-Bruderschaft. Beide Vereinigungen hatten ähnliche Intentionen, was das Engagement für die Arbeiterschaft betraf. Außerdem wollte man einer Zwangsauflösung zuvor kommen. Von da an gab es jährlich eine Generalversammlung, die Feier des Barbaratages wurde im kleinen Rahmen beibehalten (Hl. Messe, Generalkommunion, gemütliches Beisammensein – keine Kirchenparade in der Öffentlichkeit). 1946 sollten die immerhin 131 Mitglieder zur Wiedergründung schreiten, doch machte die französische Militärregierung zunächst einen Strich durch die Rechnung. Aloys Stumpfs, Schriftführer der Bruderschaft und Verfasser zahlreicher historischer Abhandlungen schrieb damals ins Protokollbuch: „Möge es nun dem Verein gelingen, unter dem Beistand seiner hehren Patronin…wieder ein segensreiches Vereinsleben zur Entfaltung zu bringen.“ Sein Wunsch ging nicht in Erfüllung, es sollten fast 10 Jahre ins Land schreiten.
Die Neugründung
1955 war es endlich soweit. Beim Amtsgericht Homburg ließ sich der neue Verein mit dem Namen „Bergknappenkameradschaft St. Barbara Bexbach“ registrieren. Im Satzungsentwurf heißt es: Wir wollen die alte Tradition der Väter und Großväter des früheren Knappenvereins weiter bewahren und unseren Bergmannsstand ehren. Wir wollen voll und ganz der Grube nur Verfügung stehen… Wir werden beide Kirchen an Feiertagen unterstützen, soweit Anforderungen an uns ergehen.“ Es begann mit 32 Mitgliedern, darunter Bürgermeister Aloys Nesseler. Erster Vorsitzender wurde Alois Hirsch. Neben Nesseler erhielt der Verein größtmögliche Unterstützung vom damaligen Bergwerksdirektor Jules Baumann, einem Franzosen. Ihm lag es sehr am Herzen, die Gründungsversammlung mit der Inbetriebnahme der Grube St. Barbara (damals die modernste Schachtanlage Europas) und dem gleichnamigen Kraftwerk zu vollziehen. Auch vom ehemaligen Präses der alten Barbarabruderschaft, dem katholischenn Ortspfarrer Johannes Bossung kam Unterstützung. Allerdings agierte der Knappenverein nicht mehr als rein katholische Vereinigung sondern als weltlicher Verein, in dem Mitglieder beider Konfessionen aufgenommen werden konnten. Unter Tage fragte auch keiner nach der Religion des anderen, da waren alle Kameraden. Einige Jahre später wurde der Beschluss gefasst, eine Sterbekasse anzulegen. Im Protokollbuch heißt es: An Fronleichnam werden 16 Lampen mitgeführt, von der Bergkapelle marschieren 12 Musiker vorweg. Ebenso bei der Beerdigung eines Bergmanns. Der Barbaratag, 4. Dezember, begann damals mit einer Parade von der protestantischen zur katholischen Kirche unter Vorantritt der Bergkapelle, dann um 9.00 Uhr Hochamt für die tödlich verunglückten und verstorbenen Bergleute des ganzen Jahres. Alle Bergleute und die Belegschaft samt Beamten von Grube und Kraftwerk hatten teilzunehmen. Seitdem sind die schmucken Uniformen der Bexbacher Knappen nicht mehr aus dem Ortsbild wegzudenken. Bei sämtlichen offiziellen Anlässen standen sie Spalier, so beim Besuch des Bundespräsidenten Theodor Heuss auf der Grube im Jahre 1957 oder bei der Einweihung der St. Barbara-Statue (heute auf der Bergehalde) durch Missionsbischof Dr. Karl Weber am 17. Juli 1955, kurz nach der Vereinsgründung.
Vereinsleben im 20. Jahrhundert
Am 27. Februar 1957 erfolgte die feierliche Übergabe der neuen unterirdischen Bergwerksanlage im Blumengarten durch die Saarbergwerke AG an die damalige Gemeinde Mittelbexbach. Unter fachkundiger Anleitung von Steigern wurde das kleine unterirdische Museum durch Berglehrlinge erheblich erweitert. Bergwerksdirektor Jules Baumann betonte die Einmaligkeit dieser Anlage und dass Bexbach stolz darauf seine könne. Viele Jahre lang waren Mitglieder des Knappenvereins als Führer durch die ober- und unterirdischen Anlagen des heutigen „Saarländischen Bergbaumuseums“ tätig, bevor dieses 1993 in die Verwaltung des gleichnamigen Vereins überging. Auch sorgten sie sich ab 1960 um die Instandsetzung und Renovierung der Untertageanlage. Bis 1979 kümmerten sich Mitglieder um die Pflege der St.-Barbara-Statue, damals noch am alten Standort auf dem Gelände der alten Grube. Nachdem sie auf die Bergehalde am alten Bahnhof versetzt wurde, begann man zu ihren Füßen am 4. Dezember den traditionellen Barbaratag mit Kranzniederlegung. Oft begleitet von Eis und Schnee. 1961 feierte die Kameradschaft ihr 100jähriges Jubiläum in Verbindung mit der Fahnenweihe. Eine große Kirchenparade und ein Festzug durch die Straßen des Ortes, die Häuser mit Fahnen (Deutschland+Kirchenfahnen) geschmückt, Ehrenjungfrauen begleiteten in weißen Kleidern das von einer Kaiserslauterner Stickerei hergestellte neue Tuch (blauer Samt/gelbe Seide: Gott segne den Bergbau und die Implikation des Barbarareliefs von Hella Ledermann) mit Girlanden aus Tannengrün. Nachmittags Festzug durch die Dorfstraßen. Die letzte von vier Fahnen wurde am 11. Mai 1996 in der Kirche St. Martin in Bexbach geweiht. Danach zogen die Knappen in ihrer schmucken schwarzen Tracht mit goldenen Knöpfen mit geschmückten Schachthüten mit der neuen Fahne im Standartenformat von der Kirche St. Martin in Bexbach zur Höcherberghalle. Während die Frauen der Mitglieder zunächst bei den Festzügen hinterherlaufen mussten, beschloss die Vorstandschaft 1983, auch sie mit Trachten auszustatten. Ihre tatkräftige Unterstützung und Hilfe an jeglichen Festen und Veranstaltungen wurde damit belohnt. Im Vorstand sitzt seitdem eine eigene Frauenvertreterin. Die obligatorischen Kaffekränzchen stammen aus dieser Zeit. Der Saarländische Rundfunk dreht 1965 einen kleinen Film, den man in der ARD-Mediathek unter „Internationales Bergmannsfest Bexbach 1965“ ansehen kann. Auch der „Verein für Heimatkunde Höcherberg“ nahm den Film in sein Repertoire auf.
Paten und Partnerschaften
Ursprünglich stand 1859 die St. Barbara-Erzbruderschaft aus dem preußischen Ottweiler Pate bei der Gründung im bayerischen Mittelbexbach. Etwas über hundert Jahre später, im Jahre 1961 waren es die Knappenvereine St. Ingbert und Münchwies anlässlich der Fahnenweihe. Als sich 1962 beim Bergmannstreffen in Oberkirchen die Vorsitzenden von Bexbach, Max Welter und Bochum-Werne, Otto Datt kennenlernten war es nur eine kurze Spanne bis zur Begründung einer Partnerschaft, die 1964 erfolgte. Die späteren Vorsitzenden Otto Klos und Heinz Enstipp vertieften diese Freundschaft, die bis heute Bestand hat. Auch zum Jubiläumsfest 2022 kamen die Bochumer und auch französische Abordnungen ließen es sich nicht nehmen, nach Bexbach zu kommen. Im Bergbau kennt man nun mal keine Grenzen: nicht im Inland und nicht zum Ausland. Deshalb wurde eine weitere Partnerschaft vor drei Jahrzehnten mit der lothringischen Societe des Mineurs von Belle-Roche-Cocheren ins Leben gerufen. Zum Jubiläumsfest waren auch sie vertreten und gemeinsam mit den Bochumern wurde im Volkshaus die Freundschaft erneut bestätigt und gefestigt. Auf Anregung der Kameradschaft St. Barbara fanden regelmäßig in Bexbach sog. „Grenzlandtreffen“ statt, zu denen sich Vereinsabordnungen aus der Region Saar-Lor-Lux. Gleichzeitig sind die Bexbacher seit Jahrzehnten Mitglied sowohl im Saarländischen Verband der Berg- Hütten- und Knappenvereine auch in der Französischen Föderation. Gerade unter den Bergleuten wird die deutsch-französische Freundschaft hoch gehalten. Die Begegnungen beiderseits der Grenze sind von jeher von gegenseitigem Vertrauen und Verständnis geprägt. Außerdem versteht man zu feiern und meist funktioniert die Konversation in Dialekt recht gut. Gerade weil die Förderräder an der Saar schon seit 20 Jahren stillstehen und kein Bergmann mehr einheimische Kohle abbaut bleibt diese Form der Freundschaft so nachhaltig. Das konnte man beim Bergfest in Oberbexbach anschaulich erfahren.
Feste feiern ist selbstverständlich
Es war schön zu erleben, wie sich die katholische St. Barbarakirche noch einmal zum ökumenischen Gottesdienst der Bergleute gut gefüllt hatte. Die Fahnenabordnungen im Chor gaben ein farbenprächtiges Bild ab. Es dürfte einer der letzten großen Gottesdienste in diesem Kirchenraum gewesen sein, dessen Zukunft ungewiss erscheint, wie eine aktuelle Mitteilung der Pfarrei St. Nikolaus verlauten lässt. Nach dem Gottesdienst begleitete die Dorfmusik „Hacke“ aus Niederbexbach den kleinen Festzug von der Kirche zum Volkshaus, das zum Bergfest bis auf den letzten Platz besetzt war. Als sich 1985 der wohl größte Zug der Knappen durch die festlich geschmückten Straßen von Bexbach bewegte, sah man eine bunte und weltoffene Vielzahl bergmännischer Vereine in ihren typischen Trachten und Uniformen. Die Häuser waren mit Kirchen-, Stadt- sowie Deutschlandfahnen, manchmal auch mit der französischen Trikolore geschmückt. In den Fenstern standen oft Grubenlampen oder Barbarastatuen. Der imposante Marsch wurde aufgelockert durch 4 Musikgruppen, Vertretern der Bundeswehr aus Oberbexbach, und Feuerwehrleuten der Gesamtstadt, Schützenverein mit Rosenbogen, Reit- und Fahrverein samt Pferden. Voran schritten die Ehrengäste; Schirmherr Minister a.D. Dr.Dr. Berthold Budell und Landrat Clemens Lindemann. Heuer waren es ebenfalls der Homburger Landrat und gebürtige Bexbacher Dr. Theophil Gallo, der „draus uff de Grub“ groß wurde, Bürgermeister Prech sowie und die Schirmherrin, Kultusministerin Christine Streichert-Clovot mit Familie. Die Vereinsabordnungen aus Frankreich, von der Ruhr sowie der Reservisten folgten.
Die Gegenwart
Die Festzüge der Vergangenheit können nicht mehr „getoppt“ werden. Bergmännische Vereine haben Nachwuchsprobleme wie andere Vereine auch. Ehrenamtliches Engagement ist seit Jahrzehnten im Niedergang begriffen. Es handelt sich um ein kleines Wunder, wenn heutzutage noch eine Gemeinschaft wie die Knappenkameradschaft existiert. Beim letzten Gruppenfoto vor dem Aussichtsturm im Blumengarten in den neunziger Jahren stellten sich die uniformierten Trachtenträger noch in Viererreihen vor dem Fotografen auf. Die Gemeinschaft ist zwar geschrumpft, hat aber noch junge Mitglieder in ihren Reihen, die mit Stolz ihre Bergmannstracht tragen. Der Verein steht - wenn es um bergbauliche Traditionspflege geht - immer noch auf der Matte. Mittlerweile ist die Zusammenarbeit mit der IGBCE-Gewerkschaft (Nachfolger der früheren IG Bergbau und Energie) sowie mit der Reservistenkameradschaft Höcherberg selbstverständlich. Auch die Böllerschützen, deren Gründung auf den in Österreich geborenen und im Saarland hängen gebliebenen Bergmann Hannes Schnöll zurückgeht, kommen gerne.
Die jährliche Abhaltung einer Gedenkfeier mit Kranzniederlegung am alten Ehrenmal vor der Bexbacher Trauerhalle zum Gedenken an alle im Berg gebliebenen und verstorbenen Bergleute gehört zum Standartprogramm des Vereines und wird ununterbrochen beibehalten. Danach gibt es die traditionelle „Halbschicht“, das Bergmannsfrühstück, bestehend aus Weck und Lyoner. Abends gemütliches Beisammensein mit gemeinsamer Jubilarehrung von Knappen und IGBCE. Allerdings lässt der Zuspruch aus der Bevölkerung zu wünschen übrig. Würde nur ein Vertreter einer Familie, deren Vater oder Großvater einst ins Bergwerk einfuhr oder übertage arbeitete, an der Feier teilnehmen, kämen schnell mehrere Hundert zusammen. Text und Fotos: Hans-Joseph Britz