Ein Schreckgespenst geht um Teil 2
Was geschieht mit den Kirchen am Höcherberg?
Auch im zweiten Teil der Reihe geht es um Tatsachen. Der Rückgang der Kirchensteuern bedingt durch massenhafte Austritte stellt die deutschen Diözesen unter ungeahnte Zwänge.
Gab und gibt es alternative Nutzungskonzepte?
Die gab es durchaus. Da lobt man in Bexbach-St. Martin in höchsten Tönen den Neubau des modernen Pfarrheimes zwischen denkmalgeschützter Kirche und Pfarrhaus. Dafür musste, wenig klima- und ortsprägend und erst recht nicht nachhaltig der schöne Pfarrgarten einem mit teuren Platten aus China übersäten Vorplatz weichen. Die große Chance wurde vertan: Es hätte nämlich ein gemeinsames ökumenisches Pfarrzentrum unter finanzieller Beteiligung von Protestanten und Katholiken entstehen können und zwar im mittlerweile hochgradig renovierungsbedürftigen Protestantischen Gemeindehaus. Letzteres kann nur mit großem finanziellen Aufwand erhalten werden, während ersteres sehr selten genutzt wird. Die Möglichkeit, dass Vereine es anmieten können, besteht ausdrücklich nicht. Das wird am Barbaratag spürbar, wenn man nur einige Meter weiter auf dem Beethovenplatz der verstorbenen Bergleute gedenkt, eine Hl. Messe hält und dann leider eine weit weg entfernte Lokalität aufsuchen muss, obwohl das Pfarrheim so nah liegt. Parkplatzprobleme hat das Protestantische Gemeindehaus nicht, wohl aber das katholische.
St. Barbara Oberbexbach als Kolumbarium?
Die Barbarakirche wurde von dem berühmten Speyerer Baumeister Albert Bosslet konzipiert und ist seit der Kirchweihe 1934 leider keines seiner Prunkstücke. Eine verblüffend ähnliche Kirche steht seit 1930 in Sandstein errichtet und dem Hl. Michael geweiht im nahen Bechhofen. Die Handschrift des Architekten ist an beiden Kirchen zu erkennen. Nur ist der Bau in der Pfalz im Ganzen wärmer und lichtdurchfluteter als die in dunklen Backsteinen des Falzziegelwerkes errichtete Barbara-Kirche. Schon lange im Innern nicht mehr renoviert, gehört sie zu den „Problemkirchen“ am Höcherberg, nicht zuletzt aufgrund kaum noch erscheinender Gottesdienstbesucher. Das Gemeindeleben ist fast erloschen, das Pfarrhaus seit Jahren in Privatbesitzt, ebenso das Schwesternhaus, alles um die Kirche angesiedelt. Aufgrund der seit Jahren zunehmenden Urnenbestattungen auf den Bexbacher Friedhöfen erscheint am Horizont eine Möglichkeit, den Kirchenraum doch noch zu retten. Es erstaunt, dass Pfarrer Weinkötz diese noch nicht ins Gespräch brachte, war er doch in seiner Vorgängergemeinde Seelsorger an der Pfarr- und Gelöbniskirche Maria Schutz in Kaiserslautern. Und just dort wurde am 8. Dezember 2021 von Weihbischof Georgens ein Kolumbarium eingeweiht. Es befindet sich jeweils in den beiden flachgedeckten Seitenschiffen. Es entstanden 10 Kapellen, die sich respektvoll in die denkmalgeschützte Sakralarchitektur integrieren und Heiligen geweiht sind. Die Kapellen schaffen für die 1.320 Urnenkammern einen würdigen Ort des Gedenkens und der Intimität. Zumindest böte sich die Oberbexbacher Pfarrkirche für einen solchen Aufbewahrungsort für Urnen an, denn nach wie vor könnten dort im Chor Gottesdienste, Trauerfeiern u.ä. stattfinden. Hierzu wäre ein Zusammenspiel der politischen und der kirchlichen Gemeinde erforderlich. Will man ein weiteres gelungenes Konzept in der Nähe erkunden, findet man es in der Evangelischen Kirche von Webenheim. Als Ersatz für die abgerissenen Höcherberghallen käme St. Barbara nach der Profanierung ebenfalls infrage, zumindest böte sie nach entsprechenden Umbauten im Innern Platz für Spiel und Sport.
Mariä Geburt in Höchen samt Unterkirche
Das ursprüngliche Kirchengebäude ist über 200 Jahre alt und denkmalgeschützt, wurde in den Jahren 1800 bis 1801 errichtet und erhielt von 1865 eine Erweiterung. Ihr heutiges Aussehen und eine neuerliche Vergrößerung erfuhr die Kirche im Jahr 1969. Sie ist seit langem zu groß, was die Gottesdienstbesucher angeht, insofern könnte dieser Anbau zurückgebaut werden. Steht man in der alten, in Bruchstein gehaltenen Kirche, spürt man das Alter und die Ehrfurcht dieses Raumen. Ausstattungselemente aus der Anfangszeit (Altar der Neugotik, Fenster, Heiligenfiguren) machten diese Kirche stimmig. Leider wird auch sie kaum noch frequentiert. Eher noch die im Untergeschoss errichtete sog. „Unterkirche“, die sich seit Jahr und Tag großer Beliebtheit erfreut. Man feiert quasi „aus der Kirche heraus“ die weltliche Taufe, Hochzeit, Leichtimbs (=Beerdigungskaffee) u.v.m. Der Raum gehört aufgrund seiner Funktion zum Stadtteil Höchen. Der Abbruch dieses Denkmals wird nicht so einfach vonstatten gehen und die Höcher BürgerInnen werden überlegen, was mit ihrer Kirche geschehen kann. Ein Förderkreis zur Rettung des Sakralbaus und der Unterkirche wäre ins Auge zu fassen. In Wolfersweiler hat sich kürzlich ein solcher Kreis unter dem Namen „Lichtblick“ zur Kirchenrettung zusammengetan. Man sollte also die Hoffnung nicht aufgeben.
St. Martin Bexbach und St. Josef Frankenholz
Schon immer hatten die Bexbacher mehr Einwohner und somit auch mehr Kirchensteuerzahler als die Nachbargemeinden. Hier war Jahrhunderte der Sitz des amtierenden Pfarrers, oft bis weit ins Preußische. Als sich zum Besuch des Speyerer Bischofs Karl-Heinz Wiesemann vor einigen Wochen gerade mal knapp 50 Gläubige der Gesamtpfarrei Hl. Nikolaus – von insgesamt 7000 - einfanden, zeigte sich die Problematik der Zeit. Nicht einmal 1 % der Gläubigen fand sich ein, obwohl der Oberhirte Wichtiges zu sagen hatte. Der Trend wird weitergehen am Höcherberg. Es ist aufgrund des bisherigen Finanzierungsmodells „Kirchensteuer“ in der Vergangenheit kaum im Bewusstsein der Bevölkerung gewesen, wer eigentlich Eigentümer einer Kirche oder eines Pfarrheimes ist. Es war immer Geld da, Verwaltungsrat und Speyerer Bauamt kamen klar. So wurden auch noch in Bexbach Kirche und Pfarrhaus aufwändig saniert und renoviert. In Frankenholz ist es ähnlich. Sehr behutsam hat man dort sogar den Hochaltar im Chor belassen und wenig baulich verändert. Allerdings ist dort das Engagement der Gläubigen stärker ausgeprägt als am unteren Höcherberg. Von dort aus wurde sogar der Begriff “aktives pastorales Zentrum Frankenholz“ genannt. Das zeigte sich augenscheinlich, als der Verkauf des Pfarrhauses anvisiert wurde. Die Gemeinde wehrte sich vehement und das Thema war schnell vom Tisch. „Ihr Haus“ blieb und wird weiterhin genutzt. Das „Haus voller Glorie“ kann weiter wie bisher samt Pfarrhaus über den Höcherberg schauen, beide stehen seit 2019 unter Ensembleschutz der Denkmalpflege.
In Niederbexbach fing es an
Die Niederbexbacher Katholiken hatten vor Jahren wenig Glück. Der damalige Pfarrer verkaufte im Einvernehmen mit dem Speyerer Ordinariat das liebgewordene Pfarrheim an den Sohn eines Sangesfreundes. Verschiedene Gläubige wehrten sich ohne Erfolg. Die Sache war zu weit fortgeschritten. Das Haus nahe des Friedhofs beherbergte bis 2006 eine schöne Begegnungsstätte und bot Gelegenheit, Gottesdienste abzuhalten. Eifrige HelferInnen waren jahrzehntelang unermüdlich tätig. Jährlich wurde sogar eine „Goldene Dreggschipp“ verliehen für das große Engagement der Ehrenamtler. Immerhin können die Katholiken aufgrund der mittlerweile konsequent gelebten Ökumene, in der alten Michaelskirche (eine Jakobuskirche gab es dort nie) ebenfalls Gottesdienste feiern. Leider läutet die katholische Glocke vom ehemaligen Glockenturm nicht mehr zu diesen Gottesdiensten. Die früher in einem Eisenturmgerüst aufgehängte über 100jährige Benedictusglocke läutete zum „Zeeche“ (so nannte man das Angelusläuten und das Totengeläut) und zu allen Gottesdiensten. Seit 2006 nicht mehr. Auf der Glocke steht: „Mich goss die Glockengießerei Pfeifer aus Kaiserslautern Anno Domini 1921. Ich bin Eigentum der römisch-katholischen Kirchengemeinde Mittelbexbach. Mit Gott.“ Die Glocke hat Denkmalcharakter und einen Wert zwischen 20-30.000 Euro, so die Glockensachverständige des Bistums. Leider hatten die Verantwortlichen vergessen, sie eigens vertraglich festzuschreiben; deshalb fällt sie als „Mobilie“ (bewegliche Sache) auch nicht in den Kaufvertrag als Immobilie. Seitdem hängt sie quasi „in der Luft“. Dafür ist sie aber zu schade und wertvoll. Die Zukunft wird so noch einige Überraschungen in Sachen „Kirchen“ bereithalten. Die Schar der Gläubigen wird kleiner, das bietet auch Chancen, gerade im ökumenischen Bereich. Deshalb dürfen Christen trotz aller Widerstände hoffen. Und Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Ende Text und Fotos: Hans-Joseph Britz