„Arbeitskräfte aus dem Ausland – aber wie?“
Sehr interessante Infoveranstaltung in Schiffweiler
„Arbeitskräfte aus dem Ausland – aber wie?“ lautete das Thema einer Info-Veranstaltung der WFG, die regionalen Unternehmern Mut machte, personellen Engpässe unkonventionell entgegenzusteuern.
Es ist viel Arbeit, aber es lohnt sich.“ So lautete das Fazit von Daniel Rizzo, Personalleiter der Firma Montum, in Sachen Madagaskar. Was der ostafrikanische Inselstaat im Indischen Ozean mit einem Infoabend der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises Neunkirchen zu tun hat? Überraschend viel, wie sich schnell herausstellen sollte.
Zu Gast in den nagelneuen Montum-Räumen in Schiffweiler, drehte sich alles um das Thema migrierte Arbeitnehmer. Zuwanderung löst nicht automatisch das Problem der Fachkräftesicherung in den Betrieben, stellte Prof. Dr. Volker Hielscher vom Institut für Sozialforschung und Sozialwissenschaft Saarbrücken seinem einführenden Vortrag voran. „Bis dahin ist es ein weiter Weg.“ Klar sei, dass es einer „erheblichen Zuwanderung bedarf“, um die Personallücken, die der demographische Wandel hinterlässt, zu füllen. Schon heute haben 15 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland eine ausländische Staatsangehörigkeit. Der weitaus größte Anteil davon ist im verarbeitenden Gewerbe tätig. Einen kleinen Überblick über Unterstützungsangebote der Agentur für Arbeit gab Stephanie Decklar vom Arbeitgeberservice der Bundesagentur für Arbeit Saarland: Angefangen von „Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung“ (MAG) für den Zeitraum von zwei Wochen, über den
Eingliederungszuschuss (EGZ) und Qualifizierungsangebote bis hin zur „Abschlussorientierten Weiterbildung“ ungelernter Beschäftigter, die ihren Berufsabschluss nachholen möchten. Was die Höhe der Förderung anbelangt, könne man pauschal sagen: „Je größer das Unternehmen, desto kleiner der Zuschuss“, so Decklar. Um die neuen Mitarbeiter zu halten, empfiehlt Prof. Hielscher ein ganzheitliches Integrationsmanagement. Je engmaschiger die Betreuung, desto größer die Chance, Startschwierigkeiten zu minimieren, die schon allein dem Unterschied der Lebenswelten in den Herkunftsländern zu unserer Region geschuldet ist. Sehr hilfreich seien Patenschaften im Betrieb. „Fachliche Einarbeitung ist kein trivialer Punkt, sondern sollte umfassend und kultursensibel erfolgen“, betonte der Sozialwissenschaftler. „Sie müssen versuchen, diese Menschen gleich in den ersten Wochen an ihr Unternehmen zu binden.“ Sein Rat: „Wenn sie es anfangen, dann machen sie es nicht halb, sondern richtig.“ Bestes Beispiel ist das Rosenhotel Scherer. Wegen akuten Personalmangels –- „im Saarland kann jeder dritte Ausbildungsplatz nicht besetzt werden“, hatte WFG- Geschäftsführer Klaus Häusler zuvor erinnert – holte der Familienbetrieb im April 2023 zwei Madagassen nach Schiffweiler. „Wir haben das Visum und den Flug bezahlt“, informierte Seniorchef Martin Scherer. Der Kontakt war über die Deutschschule in Madagaskar zustande gekommen, die von Angelique Steffen, einer gebürtigen Saarländerin, geleitet wird. Kosy und Bryan absolvieren eine Ausbildung zum
Hotelfachmann bzw. zum Koch – und haben sich gut eingelebt. Inzwischen sind bereits zwei weitere Madagassen nachgezogen. „Sie sind unheimlich freundlich, sehr hilfsbereit, aber auch sehr angreifbar. Man muss behutsam mit ihnen umgehen“, plauderte Scherer aus dem Nähkästchen. „Aber es kommt viel viel Gutes zurück.“ Was die zuständigen Mitarbeiter der Lebenshilfe und der reha GmbH bestätigen konnten, wo bereits acht junge Madagassen tätig sind. Noch ganz frisch sind die Eindrücke vor Ort, wo es seit 1. Juni Verstärkung aus Madagaskar gibt. „Wir haben schon Erfahrungen mit Syrern, Albanern und Franzosen gemacht“, so Robert Röhlinger, Geschäftsführer der Montum-Gruppe. Aber Krystello (29), angehender Metallbauer, und Manda (26), der Elektrotechniker lernt, toppen alles. „Wir haben zwei wunderbare Azubis gewonnen“, schwärmte Daniel Rizzo, „die gehen nicht mehr zurück, die bleiben hier.“ Wozu man wissen muss, dass 70 Prozent der Bevölkerung des bitterarmen Inselstaates unter 20 Jahre alt und Arbeitsplätze so rar gesät sind, dass man sie sich erkaufen muss. Deutschland bietet den jungen Madagassen eine Zukunft. „Darin liegt eine Chance für den Landkreis Neunkirchen“, brachte es Häusler auf den Punkt. „Wir haben es in der eigenen Hand, sie für uns zu begeistern.“
Beim anschließenden zwanglosen „Get together“ wurden Erfahrungen ausgetauscht und der Grundstein für ein regionales „Madagaskar“-Netzwerk gelegt. Die WFG bietet für künftige Treffen gern einen Rahmen und lädt schon jetzt für einen Workshop am 05.Februar 2025 zum Thema Integrationsmanagement ein. Dann wird das Thema im Rahmen eines Workshops vertieft. Nähere Infos auf www.wfg-nk.de © Anja Kernig