Image
Image
Display Image
array(4) { [0]=> array(3) { ["image"]=> object(Cms\Media)#56 (2) { ["cache":protected]=> array(0) { } ["id":protected]=> int(122039) } ["title"]=> string(47) "Zerstörte Gaststätte "Bismarck" am Marktplatz" ["copyright"]=> string(6) "Archiv" } [1]=> array(3) { ["image"]=> object(Cms\Media)#58 (2) { ["cache":protected]=> array(0) { } ["id":protected]=> int(122040) } ["title"]=> string(22) "Zerstörte "Hohenburg"" ["copyright"]=> string(6) "Archiv" } [2]=> array(3) { ["image"]=> object(Cms\Media)#60 (2) { ["cache":protected]=> array(0) { } ["id":protected]=> int(122041) } ["title"]=> string(42) "Beisetzung der Opfer auf dem Stadtfriedhof" ["copyright"]=> string(6) "Archiv" } [3]=> array(3) { ["image"]=> object(Cms\Media)#62 (2) { ["cache":protected]=> array(0) { } ["id":protected]=> int(122042) } ["title"]=> string(37) "Zerstörte Häuser in der Poststraße" ["copyright"]=> string(6) "Archiv" } }

Vor 80 Jahren

Der große Bombenangriff auf Homburg - Ein Bericht von Hans-Joseph Britz

Beim schwersten Luftangriff auf Homburg kamen am 14. März 1945 206 Männer, Frauen und Kinder ums Leben. Bereits am 23. Mai 1944 waren 93 Opfer zu beklagen. 

Insgesamt waren es über 430 Menschen. Auf die Frage, ob diese vielen Opfer hätten sein müssen, kann und darf mit Recht geantwortet werden: Nein. Das gleiche gilt für die Opfer in Dresden, wo über hundertmal mehr Menschen als in Homburg durch die abgeworfenen  Bomben der Engländer und Amerikaner den Tod fanden. Getrost darf man sich die Antwort ersparen, wer denn mit den Luftangriffen auf England begonnen hat. Die Nationalsozialisten hatten sich auf die Fahne geschrieben, englische Städte zu „conventrieren“. Man erinnere sich an die Bombardierung der Industriestadt Coventry und ihre Zerstörung in mehreren Angriffen seitens der Deutschen Luftwaffe von November 1940 bis April 1941. 

Die Bombenangriffe 

Am 23. Mai 1944 begann mitten am Tag der erste Angriff feindlicher Flugzeuge ohne jegliche Gegenwehr, z.B. durch die Flak, die überhaupt nicht vorhanden war. Ganz plötzlich kamen die Bomben auf die Stadt hernieder. Zerstört wurden in Bahnhofsnähe das Bezirksforstamt und das alteingesessene Gasthaus Bach sowie im unteren Bereich der Eisenbahnstraße die Deutsche Bank, ein stattlicher Bau im Stil des Historismus der Jahrhundertwende, in dem bereits die Post ihr Domizil hatte. Auch die Spedition Baus wurde völlig zerstört. 93 Tote waren zu beklagen. Trügerische Ruhe währte bis zum 29. September, als den Jagdbombern, hierzulande nur „Jabos“ genannt, erneut 6 Menschen zum Opfer fielen. Nun ging es schlagartig weiter mit den Luftangriffen, die teilweise täglich erfolgten.  

Und dann kam der schwärzeste Tag dieses Krieges für die Stadt Homburg. Am Abend des 14. März 1945 leuchteten zunächst die von sog. „Mosquito“-Verbänden abgelassenen  „Krischdbääm“ - wie die im Dunkel abgelassenen Leuchtschirme im Volksmund genannt wurden - auf und gaben das Ziel an. Dann warfen  ab 20.24 Uhr die viermotorigen Lancaster-Maschinen ihre todbringende Bombenlast über Homburg ab.  Nach dem Ertönen der Luftalarm-Sirenen strömten zwar die Menschen in Richtung der nahen Bunker, doch nicht alle schafften es bis dahin. Außerdem konnten sie unmöglich  erahnen, was dann geschah, so unfassbar war es für die Bevölkerung, die bereits dem Kriegsende entgegenfieberte. 

Die meisten Opfer in der „Hohenburg“

Im Gasthaus Hohenburg in der Zweibrücker Straße fand an diesem Abend eine national-sozialistische Parteiveranstaltung statt. Volkssturm und Angehörige hatten sich eingefunden. Zwar gelang es ihnen, beim Fliegeralarm  in den Luftschutzbunker der „Hohenburg“ zu gelangen, doch dieser vermochte dem Volltreffer nicht zu widerstehen. Deshalb war hier ein Großteil der Opfer zu beklagen. Noch Jahre später fanden sich bei Ausschachtungsarbeiten auf dem Terrain der ehemaligen Gaststätte menschliche Knochen. In der Stadt brannte es an allen Ecken. Auf den Straßen, in Gärten und Wiesen klafften Bombentrichter. Schwesternhäuser, Gaststätten und Wohnhäuser, Fabriken und Geschäfte, Schulen und öffentliche Gebäude, vieles davon lag in Schutt in Asche: Landratsamt, Arbeitsamt, Gesundheitsamt, Teile des Bahnhofs, Gebäude der Stadtwerke und das Mädchenlyzeum. Auch Kirchen waren in Mitleidenschaft gezogen.

Anderntags erstarrte man in Homburg ob der Zahl der Toten:  In einer einzigen Nacht hatten 206 Menschen ihr Leben verloren. Einzig Glück in diesen Stunden des Unglücks hatten die Vielen, die in den Schlossberghöhlen Zuflucht gesucht hatten. Tod und Verderben hatte zumindest sie verschont. Doris Seck, die erst kürzlich verstorbene Verfasserin von Abhandlungen über den Zweiten Weltkrieg schrieb zum 50. Gedenktags des Unglücks in der „Saarbrücker Zeitung“, dass man nur erahnen könne, um wie viel größer die Zahl der Toten gewesen wäre ohne die Flucht in die sicheren Sandsteinhöhlen. Unter den Opfern waren Männer, Frauen und Kinder aber auch Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter. Bei den immer wieder stattfindenden Angriffen auf den Homburger Bahnhof wurde gerade ihnen nicht selten seitens der Aufseher der Zutritt in die Bunker verwehrt. Hier hatten zumeist ukrainische und russische Soldaten einen eigenen Bunker graben dürfen, der ihrer Zuflucht dienen sollte. Bis heute sind an Decke und Wänden kyrillische  Zeichen zu erkennen. Das Klinikgelände blieb wie ein Wunder von jeglichem Bombardement verschont.

Wer hätte mit einem solch schweren Angriff auf Homburg gerechnet? Ahnte man oder wusste man doch schon, dass die Alliierten auf dem Vormarsch waren und immer näher rückten?  Kanonendonner war in unmittelbarer Nähe zu vernehmen. Der Schrecken der Geschehnisse wurde erst durchbrochen, als amerikanische Soldaten  ganze vier Tage später, am 18. März, in Homburg einzogen. Einige wenige Fotografien erinnern an deren Einmarsch durch die stark zerstörte Kreisstadt. Interessant die Tatsache, dass zwei Führer der Hitlerjugend vom Gefechtsstand im ehemaligen Gasthaus auf dem Schlossberg aus mit einem Maschinengewehr amerikanische Panzer in der Zweibrücker Straße beschossen. Quasi das letzte Aufbäumen eines fanatischen Widerstands. Die beiden hatten zuvor das NS- Jugendheim, das anstelle des noch aus der Herzogszeit stammenden ehemaligen jüdischen Anwesens Hirsch errichtet wurde, in die Luft gesprengt. 

Fazit des Grauens

Bei 37 Fliegerangriffen kamen in Homburg über 430 Menschen ums Leben, darunter 136 Frauen und 50 Kinder. Vierzig ausländische Opfer sind eingerechnet.  27 Personen konnten nicht mehr identifiziert werden, 21 wurden vermisst. Verwundet wurden über 350 Menschen. Viele Homburger  lernten beten in dieser Zeit oder sie verlernten es. Ihr Herz blutete und manche von ihnen konnten danach kaum mehr weinen. Der „totale Krieg“, von vielen bewusst in Kauf genommen, hatte nun auch in Homburg seinen schrecklichen Tribut gefordert. Zugegeben, ein zu großes Opfer für Homburg. Die Vergangenheit zu verdrängen und die Opfer der Bombenangriffe mit den jüdischen Opfern aufzurechnen oder das eine mit dem anderen vergleichen zu wollen, ist nicht Aufarbeitung der Vergangenheit. Mit der Hoffnung leben, dass so etwas nicht wieder geschieht, bedeutet, die Wirklichkeit – die vergangene wie die gegenwärtige – zu sehen wie sie war und wie sie ist und daraus die richtigen Lehren zu ziehen.

Zehn Jahre nationalsozialistischer Herrschaft  an der Saar zwischen dem 1. März 1935 und dem Einmarsch der Amerikaner am 18. März 1945 waren bei den Homburger Bürgerinnen und Bürgern nicht spurlos vorüber gegangen. Nach zehn Jahren wollte sich keiner von ihnen mehr an jenen „Befreiungstag“ erinnern, dessen Höhepunkt die Durchfahrt Hitlers zur Mittagsstunde war. Man gedachte in Homburg der über 200 Opfer, die erst vier Tage zuvor durch vom Himmel fallende Bomben, durch Häusereinstürze und Feuerbrunst ihr Leben verloren hatten. Wie konnte es soweit kommen?

Keiner der Tausende, die damals dem Führer huldigten, als er Homburg durchfuhr ahnte, was dann kam: die Juden wurden vertrieben, gedemütigt und in Gaskammern abscheulich ermordet; Gegner des Regimes verloren Beruf und Arbeit, kamen oft in Konzentrations- und Arbeitslager; im Landeskrankenhaus wurden zwangsweise Menschen sterilisiert; an gleicher Stelle fanden über 300 ukrainische und russische Kriegsgefangene bzw. Zwangsarbeiter den Tod. Sie wurden im Wald verscharrt. Opfer der Euthanasie, für die Nationalsozialisten „Lebensunwertes Leben“, von denen für Homburg bisher über 40 zu beklagen sind, wurden von Homburg aus in die berüchtigten Tötungslager überwiesen. 

Ihrer aller und der unzähligen Opfer an Soldaten, die in gutem Glauben für die Freiheit Deutschlands und ihre Familien kämpften und dafür ihr Leben verloren, muss immer wieder gedacht werden, damit sich Solches nicht wiederholt. 

So erreichte in diesen Tagen den Homburger Oberbürgermeister Forster ein Schreiben mit der Bitte, einen Gedenkort für die zahlreichen Opfer der Bombenangriffe zu schaffen und gleichzeitig an die Opfer der Euthanasie im Stadtbereich zu erinnern. So existiert eine große freie Fläche auf dem Städtischen Friedhof dort, wo damals die Bombenopfer Sarg an Sarg aufgereiht bestattet wurden. Doch es erinnert so gut wie nichts mehr an dieses schreckliche Geschehen. Gegenüber des Weges finden sich noch einige Granitkreuze russischer Opfer, doch auch dort wird vergeblich ein näherer Hinweis auf das Geschehen gesucht. © Hans-Joseph Britz

Schenk, Silvia
20. Feb 2025