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Zur Entstehung des Neunkircher Ortsteils “Schlawerie” und zur Deutung des Namens Von Walter Petto, Teil 3

Bisherige Deutungen

Versuche der Namendeutung sind nur bekannt für Friedrichsthal und Neunkirchen. Dabei ergeben sich zwei Gruppen: die Ableitung vom Verb „schlafen“ und die Assoziation mit den Slawen. Letztere ist in verschiedenen Varianten ausgeprägt. Ferner der Verweis auf Hugenotten und Wallonen.

„Schlaferei“
Den ersten mir bekannten etymologischen Erklärungsversuch für die Neunkircher Schlawerie gibt 1927 in seiner Flurnamen Dissertation L. Prinz(14):

Die Schlawerie
Ein Ortsteil, der zur Eisenhütte gehört. Nicht im Katasteratlas und im Bannbuch von 1770 enthalten .Es scheint eine neuere Bildung zu sein. Vielleicht besteht ein Zusammenhang mit, “Schlaferei“ (Schlafhäuser). Ein näheres Eingehen auf diese Erklärung erübrigt sich, weil Schlafhäuser für Gruben und Hütten erst in den 1830er Jahren entstanden, ferner weil eine solches Haus nie als „Schlaferei“ bezeichnet worden und schließlich weil der Wandel zu Schlawerie ein sprachlicher Balance Akt ist.

Die Slawen Theorie
Die auf Slawen zielenden Bedeutungserklärungen setzen entweder das Vorhandensein von Slawen voraus oder vergleichen andere vermeintlich fremde Zuwanderer mit Slawen, sei es wegen ihres Aussehens oder ihrer Lebensverhältnisse. Als erster führt Schaetzing(15) für die Friedrichsthaler „Schlaverie“das ein, was ich in der Folge als Slawentheorie bezeichnen möchte.
Unter Hinweis auf das Neunkircher Namensvorkommen ist ihm zufolge zu:
….schließen, dass in den Häusern auch böhmische Glasmacher wohnten, welche man Slaven nannte und danach die Häuser Schlaverie. Hoppstädter(16) weist darauf hin, dass sich böhmische Glasmacher in Friedrichsthal nicht nachweisen lassen. Ausführlich mit der Neunkircher Schlawerie beschäftigte sich 1936 der Lokomotivmeister Philipp Wingert(17), unter Berufung auf die Erzählungen alter Leute. Wörtlich schrieb er: Gegen Ende des 17. Jahrhunderts, zurzeit der Hugenottenverfolgungen in Frankreich, kam eines Tages ein Trupp armer Menschen mit fremdartigem Aussehen in unsere Gegend. Mit Erlaubnis des Landesherrn siedelten sie sich an dieser Stelle an und schlugen im nahen Bildstocker- und Kohlwald das nötige Holz zum Aufbau ihrer einfachen Hütten. Die Zwischenwände wurden mit einem Gemisch aus Lehm und Stroh ausgefüllt, der Boden aus Lehm gestampft und die Dächer mit einfachem Strohdach versehen. Da die neuen Ansiedler infolge ihres dunklen Aussehens slawischer Abstammung schienen, gab der Volksmund der Siedlung den Namen „Slaverie“; tatsächlich sind die Hugenotten bekanntlich romanischer Abstammung. Ganz alte Leute erzählten mir, dass in ihrer Jugend noch mehrere dieser Hütten bestanden, die nicht nur äußerlich, sondern auch von innen einen fremdartigen Eindruck erweckten. Tische und Betten waren an den Wänden befestigt und zum Umklappen eingerichtet. In die Tische waren muldenartige Vertiefungen eingeschnitten, die die Teller ersetzten. Große, von Stein aufgeführte Feuerstellen mit weitem vorspringendem Rauchfang, worin ansehnliche, an Ketten befestigte Kessel hingen, dienten der Bereitung der einfachen Mahlzeit. Die Hauptbeschäftigung der ersten „Schlaverier“ soll Schaf- und Ziegenzucht gewesen sein; auch fertigten sie aus Weidengeflecht zierliche Körbe und ähnliche Dinge, für die sich viele Abnehmer  fanden.

Quellennachweis:
14 Ludwig Prinz: Die Flur- und Ortsnamen der Kreise Ottweiler, Saarbrücken, St. Wendel. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Universität Köln, 1927, S. 217
15 Schaetzing (wie Anmerkung 6) S. 138
16 Kurt Hoppstädter: Woher kommt der Name Schlawerie? in: Saarbrücker Zeitung Nr 53 (Lokalanz. für Neunkirchen-Ottweiler-St.Wendel) vom 05.03.1949.
17 Wingert (wie Anmerkung 1), Hüttenzeitung S. 5

Mitteilung über nächsten Vortrag:

Die Restrukturierung der saarländischen Stahlindustrie
Von der Restrukturierung der saarländischen Stahlindustrie handelt der Vortrag im April des Historischen Vereins Stadt Neunkirchen. Den Vortrag hält unser Vorstandsmitglied Dr.Otto Goergen, lange Jahre in der techn. Leitung des Eisenwerkes tätig. Der Vortrag findet am 2. April bei der VHS, Marienstr. 2 um 19 Uhr statt. Nichtmitglieder zahlen 3€, Gäste sind herzlichst willkommen. 

Schenk, Silvia
12. Mär 2025

Serie: Historischer Verein Stadt Neunkirchen e.V.
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