Page 24 - Stadtmagazin "es Heftche"® | Ausgabe 304, August 2023
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Ein Bericht von Wolfgang Melnyk und Horst Schwenk
Briefmarken erinnern an den
„Schwarzen Freitag 1933“
Schreckenstage in Neunkirchen als der Gasometer explodierte 2. Teil
wurde ein Wagenführer durch Glassplitter im Gesicht leicht verletzt. Der Verkehr auf dieser Strecke musste für einige Tage voll- ständig eingestellt werden. Durch den An- schluss der Oberleitung an der Saartalbahn an der Endstation in Spiesen konnte von die- ser Seite ab dem 14. Februar Strom bezogen
Bahnhof- und Wilhelmstraße, zerstörte Fenster- und Schaufensterscheiben Archiv Schwenk, 104-24
werden. Damit war der Betrieb Spiesen - Boxbergweg wieder möglich. Von hier ab erfolgte die Weiterbeförderung der Fahrgäste mit Bussen bis zum Stummdenkmal. Auf der Strecke Anfang Wellesweiler Straße - Schlachthof wurde ein Pendelbetrieb einge- richtet. Nach der Instandsetzung der Ober-
Saarbrücker Straße, Reste eines Autos in der Nähe der Straßenbahnhaltestelle Archiv Schwenk, 39-33
leitung wurde am 26. Februar 1933 der re- guläre Betrieb Schlachthof – Spiesen wieder aufgenommen. An den Bahnanlagen waren ebenfalls schwere Schäden entstanden. Stell- werke waren beschädigt worden, ein Wie- gehäuschen zertrümmert. Bis weit über die Fischbachstrecke hinaus war das Bahnge- lände mit Trümmerstücken übersäht. Werk- stätten waren nur noch Ruinen und ein Gü- terwagen wurde durch ein Trümmerstück zerschlagen. Die Bahnhofsvorhalle bot einen seltsamen Anblick. Die Kuppel wurde durch die Explosion erschüttert und man musste aus Sicherheitsgründen ein hohes breites
Die Schadensbilanz
Fünfzehn Häuser waren total zerstört, viele weitere Gebäude wurden mehr oder weni- ger stark in Mitleidenschaft gezogen. Wäh- rend dies alles rund um die Hütte geschah, wurden auch die Bewohner der Innenstadt in Angst und Schrecken versetzt. Man hatte auch hier den fürchterlichen Schlag der Ex- plosion entsetzt wahrgenommen. Bis in die Außenbezirke waren die Straßen und Geh-
Saarbrücker Straße, die völlig zerstörte Häuserreihe Nr. 75 - 94 stand direkt gegen- über des Gasometers Archiv Schwenk, 340-34
wege mit Glas übersäht. Ziegel rutschten von vielen Dächern und hier und da stürzten Schornsteine in sich zusammen. Auch hier dauerte es nur wenige Sekunden, bis die Ka-
Saarbrücker Straße, Rückfront Haus Nr. 150 Archiv Schwenk, 104-25
tastrophe das ganze Stadtbild veränderte und alles in Bewegung brachte. Geschäftsleute ließen ihre Läden im Stich, Familien verlie- ßen ihre Wohnungen. Sie alle hatten nur eins im Sinn, möglichst schnell wegzukom-
men. Als dann auch noch das Gerücht von einer weiteren Explosion die Runde machte und die Sicherheitskräfte die vermeintlich gefährdeten Bereiche räumen ließ, hieß es für die Menschen nur noch fort von hier. Bis auf den Steinwald ergoss sich der Menschen- strom. In den nächsten Tagen konnte erst das volle Ausmaß der Katastrophe überschaut werden. Die Häuser an der Saarbrückerstra- ße in unmittelbarer Nähe des Gasometers waren völlig dem Erdboden gleichgemacht. Die Werksanlagen sind in unmittelbarer Nä- he total zerstört worden. Ganz Niederneun-
Saarbrücker Straße, Haus Nr. 75, an der Einmündung zur Schlawerie Archiv Schwenk, 104-26
kirchen glich einer Trümmerstadt. Schwere Zerstörungen gab es in der Schlawerie, wo- hin man auch blickte, überall Trümmer, Scherben und Reste des Gasometers. Ver- heerend sah das neue Schulhaus aus. In den Dächern steckten die gewaltigen Teile der Kesselwand, Teile bis zu einer halben Tonne schwer. Die Bleche des Gasometers hatte der Luftdruck weit ins Gelände gewirbelt. Die Saargefei, ein ziemlich neues Werksge- bäude am Oberschmelzer Weg war schwer beschädigt. Fast kein Haus der Hüttenberg- straße blieb unbeschädigt. Durch die Gaso- meterexplosion auf dem Neunkircher Eisen- werk am 10. Februar 1933 wurde die Ober- leitung an der Saarbrücker Straße auf einer Länge von 500 Meter zerstört und sieben Straßenbahnmaste abgebrochen. An den Motorwagen Nummer zwei und siebzehn wurden Scheiben eingedrückt und dabei
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Ausgabe 304 / August 2023