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Ein Bericht von Friedrich Wilhelm Strohm
Kommando Hamm am Niederrhein. Nach der Wiedereinführung der Allgemeinen Wehrpflicht am 16.03.1935 und der damit verbundenen Aufrüstung folgte am 03.07.1935 das Gesetz über die Eingliede- rung der Landespolizeiverbände in die Wehrmacht, veröffentlicht im Reichsgesetz- blatt I 1935. Dieses Vorhaben war bereits am 01.10.1935 abgeschlossen und brachte den Heerestruppen einen Zuwachs von 56000 Polizeikräften mit Ausrüstung. Insge- samt waren 47 Landespolizei-Abteilungen, Landespolizeischulen, je 2 berittene und nachrichten-technische Abteilungen sowie 1 Krad-Abteilung in die Wehrmacht über- führt worden. Anfangs bestanden seitens des Reichswehr-Offizierskorps des alten 100.000-Mann-Heeres der Weimarer Repu- blik Vorbehalte gegen die gleichrangige Auf- nahme der Polizei-offiziere in die Armee. Zu einer wirklichen Integration kam es erst während der folgenden Kriegsereignisse. Per- sönlich davon betroffen war auch Arnold Kessler, dessen sozialer Herkunft aus der Ar- beiterschicht Teile des elitären Offizierkorps zunächst mit Vorurteilen begegnet waren. Am 01.09.1935 war er in das Heer aufge- nommen und der Panzer-Jäger-Abteilung 38 als Kompanie-Offizier zugeteilt worden. Die- se Einheit war am 15.10.1935 auf dem Trup- penübungsplatz Ohrdruf/Thüringen im Wehrkreis IX aufgestellt worden und unter- stand der 2. Panzerdivision. 1936 erfolgte die Umbenennung in Panzer-Abwehr-Abtei- lung 33 mit Standort Landau/Pfalz. Im Ok- tober 1937 wurde er zum Chef der 1. Kom- panie ernannt und mit Wirkung vom 01.03.1938 zum Hauptmann befördert. Mit Kriegsbeginn am 01.09.1939 als Komman- deur der Panzer-Abwehr-Abteilung 263 zur 263. Infanterie-Division versetzt, nahm er mit seiner Einheit Sicherungsaufgaben an der deutschen Westgrenze wahr. Am 24.10.1939 heiratete der 33-jährige Offizier in seiner Geburtsstadt Neunkirchen die gleichaltrige Franziska Margaretha Schwarz- maier, eine Hotelierstochter aus Ochsen- furth. Aus dieser Verbindung stammt als ein- ziges Kind ein am 14.11.1936 in Pirmasens geborener Sohn namens Arnold Franz Peter, der durch die Eheschließung legitimiert wur- de Die bayerischen Schwiegereltern akzep- tierten den saarländischen Offizier als Ehe- gatten ihrer Tochter nicht, die Ehe bestand nur 11 Jahre und wurde am 25.07.1950 in
Arnold Karl Ludwig Kessler
Gendarm und Ritterkreuzträger aus Neunkirchen
1. Teil
Vor 53 Jahren starb in Saarbrücken der in Neunkirchen geborene Gendarme- rierat Arnold Karl Ludwig Kessler nach einem bemerkenswerten Lebenslauf, der es verdient, der Stadtgeschichte er- halten zu bleiben.
Das Elternhaus, in welchem er am 14. April 1906 als jüngstes von drei Kindern geboren wurde, stand in der Irrgartenstraße 5, in Ver- längerung der damaligen Synagogenstraße und somit auf dem Gelände der Grube Kö- nig, die das Gebäude an Bergarbeiter ver- mietet hatte. Der Vater, Jakob Kessler, gebo- ren am 23.10.1876 in Ottweiler, verlegte seinen Wohnsitz nach Neunkirchen, wo er am 13.05.1899 die aus Niederbexbach stammende Karoline Hirlemann, geboren am 19.01.1880, heiratete. Sein beruflicher Werdegang steht typisch für einen saarlän- dischen Bergmann und führte ihn vom Hau- er bis zum Oberkohlenmesser mit Unterbe- amtenstatus auf der Grube König. Nach sei- ner Pensionierung verlegte die Familie den Wohnsitz in die Irrgartenstraße 7, wo die Ehefrau am 01.01.1948 und er am 10.05.1959 verstarben. Der älteste Sohn, Jo- hann (Hans) Jakob, geboren am 08.01.1900, schlug nach einer Ausbildung zum Maschi- nenzeichner den Lehrerberuf ein und war zuletzt als Oberstudienrat am Städtischen Knabenrealgymnasium in Saarbrücken tätig, wo er am 06.09.1964 verstarb. Er studierte an der Kunstakademie in Kassel, zählte zu den Privatschülern von Richard Wenzel und war von 1929 bis 1935 Vorsitzender des Zei- chenlehrerverbandes Saar. Künstlerisch war er bekannt geworden durch seine Grafiken, Aquarelle und Ölgemälde, überwiegend mit Saarmotiven in verschiedenen Techni- ken.1965 fand ihm zu Ehren eine Gedächt- nisausstellung im Kultusministerium Saar- brücken statt. Die Tochter Mathilde, geboten am 23.05.1902 behielt ihren Wohnsitz in Neunkirchen, heiratete hier am 09.10.1936 den Bäckermeister Friedrich Jakob Heydrich und verstarb am 18.011970. Arnold Kessler
wurde nach dem Besuch der Volksschule 1920 am Lehrerseminar in Ottweiler aufge- nommen, wo er mit dem sogenannten „Ein- jährigen“, den mittleren Bildungsabschluss erlangte. Bedingt durch das Studium des Bru- ders Johann Jakob in Kassel waren die Eltern nicht mehr in der Lage, das Schulgeld für den jüngeren Sohn aufzubringen, so dass dieser gezwungen war, den eingeschlagenen Volksschullehrerberuf aufzugeben und das Seminar 1924 vorzeitig zu verlassen. An- schließend absolvierte er ein 12-monatiges Praktikum im Hoch- und Tiefbau, konnte dann jedoch den angestrebten Architekten- beruf wegen Überfüllung nicht ergreifen. Die nun folgende berufliche Neuorientierung führte ihn am 05.10.1925 als Polizeianwär- ter zur Preußischen Schutzpolizei-Schule nach Brandenburg/Havel und nach beende- ter Ausbildung im März 1927 als Polizei- Wachtmeister zur Polizei-Inspektion West nach Berlin-Charlottenburg. Den Polizei- Oberwachtmeister-Lehrgang vom 30.11.1930 bis 26.03.1931 schloss er mit der Note „gut“ ab, wobei seine Leistungen „weit über dem Durchschnitt“ lagen.
Die Beurteilung ermöglichte ihm 1932 die Teilnahme am 24. Aussonderungs-Lehrgang für Offizier-Anwärter in Brandenburg/Havel und öffnete ihm den Weg zum 18. Offizier- Anwärter-Lehrgang im Zeitraum vom 18.04.1932 bis zum 01.07.1933. Dieser be- inhaltete die Besuche der Höheren Polizei- Offizier-Schule in Eiche bei Potsdam, der Höheren Polizei-Sportschule in Spandau so- wie des Technischen Polizei-Institutes in Ber- lin-Schöneberg. Nach erfolgreichem Beste- hen wurde er rückwirkend zum 01.11.1932 Polizei-Leutnant und bereits zwei Jahre spä- ter mit Rangdienstalter 01.04.1934 zum Po- lizei-Oberleutnant befördert. Vom 01.10.1933 bis 30.04.1934 war er als Zug- führer im Kfz-Bereich der Schutzpolizei Pots- dam, danach bis 31.10.1934 als Kfz-Offizier im Kommando Wesel der Schutzpolizei Nie- derrhein eingesetzt. Seine vorerst letzte Po- lizeiverwendung fand er dann bis 31.08.1935 als Hundertschafts-Offizier im
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