Page 16 - Ausgabe 119 / Juli 2022
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mals preußisch-bayerischen Grenze (der Grenzverlauf ging mitten durch die Gaststu- be) wurde es von Emil+Mechthild Riefer(„Mecht’che“) geführt, später von de- ren Tochter Friedchen und ihrem Mann Vin- zenz Ecker.
Rückblick und Ausschau
Gastronomische Betriebe haben es seit Jah- ren schwer und auch die in den vereinsei- genen Hütten suchen händeringend Betrei- ber. Der Wohlstand der Nachkriegsjahre und
kennt heute noch „Restaurationsbrote“, den “Strammen Max“, „Russische Eier“ oder die in Salzwasser eingelegten Soleier? Beliebt waren auch Schinkenbrote: Roh, gekocht oder gemischt sowie Käsebrote, garniert mit Gurken und gekochtem Ei oder ein klassi- scher Schwartenmagenweck. Damals gehör- ten diese Angebote zum Standard. An der Kerb wiederum gab es Spieß- und Schwei- nerollbraten, an Sylvester Rippchen mit Kraut sowie Weiß- oder Knoblauchwürste. Überhaupt waren die Wirtschaften neben dem Kerweplatz wichtige Orte. Hier wurde nämlich vom „Kerwepfarrer“ an der Außen- fassade eine Leiter angestellt und die „Ker- weredd“ gehalten. Der Kerwestrauß, eine mit bunten Bändern versehene Birke oder Fichte, wurde dabei in den Halter gesteckt und später im Lokal versteigert. In allen Sä- len des Ortes war Kerwetanz angesagt; die Polizeistunde meistens aus diesem Anlass aufgehoben. Bei den gut besuchten Schlacht- festen im Herbst und Winter freute man sich vor allem auf das in Majoranbrühe frisch abgekochte Wellfleisch. Nach der Devise: „Die Saalänner wisse halt, was guud iss! Derrehrschd werd emmool guud gess, ge- schaffd hamma schnell!“ In den Gaststätten wurde Skat, Schafkopf und 17null4 gespielt, manchmal recht laut auf den Tisch geklopft. Aber das Wichtigste: Man diskutierte, dis- putierte, „schwätzde eehnfach noor dommm“, oder unterhielt sich über die Neu- igkeiten aus Dorf und Politik. „Wäähschde schunn ’s Neischde? Hassches aah ge- heehrt? Vezeehl ma emmool, wasses Neies gebbd? Dass doo glaabsche selwer nedd... Wer issen die Daah geschdorb unn heiraade gang?“ Passende Antworten gab es dann meist an Theke oder Stammtisch, wobei sich der Wahrheitsgehalt nicht immer rekon- struieren ließ, schon gar nicht zu vorgerück- ter Stunde. Da wurde gerne der/die ein oder andere „dorch die Hechel gezooh“, d.h. man lästerte über Nichtanwesende, war der Betreffende da, wurde „gepischbert“. In den
Vorkriegsjahren und zeitweise noch später soll sogar im Gasthaus Politik gemacht wor- den sein: am Prominenten-Stammtisch saßen mehr oder minder einträchtig der „Borje- määschder“ (=Bürgermeister), der „Parre“ (=Pfarrer), der „Schuulmääschder“ (=Schul- lehrer) gefolgt von alteingesessenen Ge- schäftsleuten und besprachen alles, was die Gemeinde anging. Sie galten als die Hono- ratioren des Dorfes. Leider gehören die Zei- ten, in denen die den Wirtschaften ange- schlossenen größeren oder kleineren Säle für Theateraufführungen oder Tanzveranstal- tungen benutzt wurden, der Vergangenheit an. Es waren begehrte Räumlichkeiten für Hochzeiten, Kommunionen, Konfirmatio- nen, Kappensitzungen und (Nasen-)Bälle, die Kerb wurde darin ein- und ausgetanzt, das „Leichtimbs“ (Trauermahl) eingenom-
men, Gedenkveranstaltungen und Musikdar- bietungen, Weihnachtsfeiern usw. Die Gründe des seit Jahrzehnten festzustel- lenden Niedergangs unserer typisch deut- schen „Kneipenkultur“ sind vielfältig. Mitt- lerweile kann jeder überall sein Bier in allen Variationen kaufen und zu Hause „günsti- ger“ trinken. Wenn erst einmal der Rückzug ins Private erfolgt ist und der Fernseher läuft, hat „man keine Lust“ mehr, ins Gasthaus zu gehen sondern bleibt daheim. Überhaupt ist klassische „Geselligkeit, gediegene Unter- haltung, Austausch von Neuigkeiten oder einfach nur ein lapidares Gespräch“ in den Gaststätten kaum mehr in Mode. Man bleibt lieber unter sich, kapselt sich ab oder feiert im kleinen Kreis sonstwo. Darüber hinaus ist die Fluktuation der BetreiberInnen in manchen Lokalen oftmals so hoch, wie das Interesse seitens der Kundschaft niedrig. Die Corona-Pandemie trug ebenfalls zum Unter- gang vieler gastronomischer Betriebe bei. Nach einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes standen im Saar- land rund 70 % der Lokale und Restaurants
vor dem Aus.
Eine Änderung der Situation ist nicht zu er- warten. Man muss die Dinge nehmen, wie sie sind und froh sein, wenn überhaupt noch Gaststätten, Lokale oder Cafés in einer Kom- mune betrieben werden. Und vor allen Din- gen: man sollte sie ab und an besuchen, ge- mütlich plaudern und dazu einen oder auch mehre trinken. Alles in Maaßen natürlich - Wohl bekomm’s!
Text und Fotos: H.J. Britz
HomBuch 2022 findet statt
Eröffnungs-Lesung mit Joachim Meyerhoff
Zur Eröffnungslesung am Mittwoch, 14. Sep- tember ist Joachim Meyerhoff, fulminanter Schauspieler und Bestseller-Autor, zu Gast in Homburg – im Gepäck neue, noch un- veröffentlichte Texte. Mit seinem sechsteili- gen Zyklus ALLE TOTEN FLIEGEN HOCH
 Ehemalige Wirtschaft auf der Grube Bexbach
des Aufschwungs liegen hinter uns. Vereine, einst das Aushängeschild deutscher Kultur, lösen sich mangels Interesse auf. Erwähnens- wert deshalb, weil in der Vergangenheit fast jeder Verein „sein“ eigenes Vereinslokal auf- suchte (Hasenzuchtverein, Billardfreunde, Kirchenchor, Felder’scher MGV, Verein der Gemütlichkeit, Knappenverein, KG „Die Blätsch“, Schachclub, Heimatverein und vie- le andere). Sonntags füllten sich nach den Gottesdiensten die Gaststätten. Man trank sein(e) Bierchen oder Wein bzw. Weinschor- le. Ein gut gezapftes Bier musste einen „Feld- webel“ vorweisen (Schaumkrone), Mosel- und Pfalzwein wurde in verschiedenfarbigen Römergläsern serviert. War der gerippte Fuß grün, kam Pfälzer Wein hinein, war er gelb, wurde Rheinwein eingeschenkt. Obligato- risch zum Bier war oft „e Korzer“, also ein Schnaps (Korn oder gebrannter Obst). Die auf der Theke aufgestellt Brezelstange wurde ruckzuck leer, weil die Salzlaugenbrezeln hierzulande schon immer gerne gegessen wurden. Zur Winterszeit hatten die Wirte eigens die sog. „Bierwärmer“ in petto, sie kamen – mit heißem Wasser gefüllt – ins kalte Bier. In den 60er Jahren bekamen die Kinder Sinalco oder Fanta, Cola war für die Jüngeren „out“. Noch bis vor einigen Jahren gab es an Samstagen oft „Fleeschkiechel- cher“ und Sonntags frische „Hackschnitt- cher“ mit Zwiebeln und Maggi nach Belie- ben. Hygienevorschriften sorgten für den Untergang dieser Tradition. Nach Fastnacht, Kirmes oder Neujahr kamen die beliebten „Gequellte und Heringe“ auf den Tisch. In den klassischen Restaurants stand die gut bürgerliche Küche auf dem Speiseplan: Schweine- oder Rinderbraten, Schnitzel in allen Variationen, Hausmannskost (=Schlachtplatten, Leberknödel u.a.) Wer
  Literatur, Kunst und Musik vom 14. bis 18. September 2022 mit prominenten Autor*Innen und Künstler*Innen im Siebenpfeifferhaus, Schlossberg Hotel Homburg und in der Galerie Julia Jo- hannsen.
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