Page 22 - Stadtmagazin "es Heftche"® | Ausgabe 122, Oktober 2022
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 Ältester Verein Bexbachs Teil 2
Die Bergknappenkameradschaft St. Barbara (gegründet 1859)
mehr aus dem Ortsbild wegzudenken. Bei sämtlichen offiziellen Anlässen standen sie Spalier, so beim Besuch des Bundespräsi- denten Theodor Heuss auf der Grube im Jah- re 1957 oder bei der Einweihung der St. Bar- bara-Statue (heute auf der Bergehalde) durch Missionsbischof Dr. Karl Weber am 17. Juli 1955, kurz nach der Vereinsgründung.
Vereinsleben im 20. Jahrhundert
Am 27. Februar 1957 erfolgte die feierliche Übergabe der neuen unterirdischen Berg- werksanlage im Blumengarten durch die Saarbergwerke AG an die damalige Gemein- de Mittelbexbach. Unter fachkundiger An- leitung von Steigern wurde das kleine un- terirdische Museum durch Berglehrlinge er- heblich erweitert. Bergwerksdirektor Jules Baumann betonte die Einmaligkeit dieser Anlage und dass Bexbach stolz darauf seine könne. Viele Jahre lang waren Mitglieder des Knappenvereins als Führer durch die ober- und unterirdischen Anlagen des heutigen „Saarländischen Bergbaumuseums“ tätig, be- vor dieses 1993 in die Verwaltung des gleich- namigen Vereins überging. Auch sorgten sie sich ab 1960 um die Instandsetzung und Re-
Über ein halbes Jahrhundert trugen die Bexbacher Knappen am Fronleichnamsfest den Baldachin
novierung der Untertageanlage. Bis 1979 kümmerten sich Mitglieder um die Pflege der St.-Barbara-Statue, damals noch am alten Standort auf dem Gelände der alten Grube. Nachdem sie auf die Bergehalde am alten Bahnhof versetzt wurde, begann man zu ih- ren Füßen am 4. Dezember den traditionel- len Barbaratag mit Kranzniederlegung. Oft begleitet von Eis und Schnee. 1961 feierte die Kameradschaft ihr 100jähriges Jubiläum in Verbindung mit der Fahnenweihe. Eine große Kirchenparade und ein Festzug durch die Straßen des Ortes, die Häuser mit Fahnen (Deutschland+Kirchenfahnen) geschmückt, Ehrenjungfrauen begleiteten in weißen Klei- dern das von einer Kaiserslauterner Stickerei hergestellte neue Tuch (blauer Samt/gelbe Seide: Gott segne den Bergbau und die Im- plikation des Barbarareliefs von Hella Le- dermann) mit Girlanden aus Tannengrün. Nachmittags Festzug durch die Dorfstraßen. Die letzte von vier Fahnen wurde am 11. Mai 1996 in der Kirche St. Martin in Bex- bach geweiht. Danach zogen die Knappen
 Im zweiten Teil über den ältesten Ver- ein Bexbachs wirf der Autor Hans-Jo- seph Britz einen Blick in die Vergan- genheit in der Zeit des 3. Reiches, der Neugründung 1955 und die Gegen- wart der Bergknappenkameradschaft St. Barbara.
 Die Zeit des III. Reiches
Schwere Zeiten für die Bruderschaft, Vorläu- fer des heutigen Knappenvereins, begannen während des III. Reiches. 1933 betrug die Mitgliederzahl fast 90. Drei Jahre später - nach der mittlerweile erfolgten Machter- greifung Hitlers - beschießt man die Über-
Großer Festzug 1985 durch die Maxstraße, der Bruderverein aus Bochum-Werne vor den alten Bergmannshäusern
nahme des katholischen Arbeitervereins in die St. Barbara-Bruderschaft. Beide Vereini- gungen hatten ähnliche Intentionen, was das Engagement für die Arbeiterschaft betraf. Au- ßerdem wollte man einer Zwangsauflösung zuvor kommen. Von da an gab es jährlich eine Generalversammlung, die Feier des Bar- baratages wurde im kleinen Rahmen beibe- halten (Hl. Messe, Generalkommunion, ge- mütliches Beisammensein – keine Kirchen- parade in der Öffentlichkeit). 1946 sollten die immerhin 131 Mitglieder zur Wieder- gründung schreiten, doch machte die fran- zösische Militärregierung zunächst einen Strich durch die Rechnung. Aloys Stumpfs, Schriftführer der Bruderschaft und Verfasser zahlreicher historischer Abhandlungen schrieb damals ins Protokollbuch: „Möge es nun dem Verein gelingen, unter dem Bei- stand seiner hehren Patronin...wieder ein segensreiches Vereinsleben zur Entfaltung zu bringen.“ Sein Wunsch ging nicht in Erfül- lung, es sollten fast 10 Jahre ins Land schrei- ten.
Die Neugründung
1955 war es endlich soweit. Beim Amtsge- richt Homburg ließ sich der neue Verein mit
dem Namen „Bergknappenkameradschaft St. Barbara Bexbach“ registrieren. Im Sat- zungsentwurf heißt es: Wir wollen die alte Tradition der Väter und Großväter des frü- heren Knappenvereins weiter bewahren und unseren Bergmannsstand ehren. Wir wollen voll und ganz der Grube nur Verfügung ste- hen... Wir werden beide Kirchen an Feier- tagen unterstützen, soweit Anforderungen
Gemeinsame Demonstration mit Gewerkschaftlern Essen, auch unsere Bergmannsfrauen waren mit dabei
an uns ergehen.“ Es begann mit 32 Mitglie- dern, darunter Bürgermeister Aloys Nesseler. Erster Vorsitzender wurde Alois Hirsch. Ne- benNesselererhielt derVereingrößtmögli- che Unterstützung vom damaligen Berg- werksdirektor Jules Baumann, einem Fran- zosen. Ihm lag es sehr am Herzen, die Grün- dungsversammlung mit der Inbetriebnahme der Grube St. Barbara (damals die modernste Schachtanlage Europas) und dem gleichna- migen Kraftwerk zu vollziehen. Auch vom ehemaligen Präses der alten Barbarabruder- schaft, dem katholischenn Ortspfarrer Jo- hannes Bossung kam Unterstützung. Aller- dings agierte der Knappenverein nicht mehr als rein katholische Vereinigung sondern als weltlicher Verein, in dem Mitglieder beider Konfessionen aufgenommen werden konn- ten. Unter Tage fragte auch keiner nach der Religion des anderen, da waren alle Kame- raden. Einige Jahre später wurde der Be- schluss gefasst, eine Sterbekasse anzulegen. Im Protokollbuch heißt es: An Fronleichnam werden 16 Lampen mitgeführt, von der Berg- kapelle marschieren 12 Musiker vorweg. Ebenso bei der Beerdigung eines Bergmanns. Der Barbaratag, 4. Dezember, begann da- mals mit einer Parade von der protestanti- schen zur katholischen Kirche unter Voran- tritt der Bergkapelle, dann um 9.00 Uhr Hochamt für die tödlich verunglückten und verstorbenen Bergleute des ganzen Jahres. Alle Bergleute und die Belegschaft samt Be- amten von Grube und Kraftwerk hatten teil- zunehmen. Seitdem sind die schmucken Uniformen der Bexbacher Knappen nicht
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