Page 14 - Ausgabe 109 / September 2021
P. 14
Anzeige
zahl von jungen Talenten als Wortsegel- Preisträger(innen) hervorgebracht und ge- fördert habe. Zu diesen kreativen Botschaf- ter(inne)n von Homburg gehören 2021 ne- ben Abudi auch Mylie Bergau aus der Klasse 6c und Lilli Schofer aus dem Grundkurs Ge-
Lerngruppen ziemlich gleichwertig waren und alle einen Preis verdient gehabt hätten. Die Jugendlichen haben sich trotz der wid- rigen Begleitumstände zwischen Lockdown und Homeschooling infolge der Corona-Pan- demie zum Mitmachen motivieren lassen. In dieser Krisenzeit ist den Meisten das Ge- fühl der Einsamkeit, Verlassenheit und Be- drohung sehr vertraut gewesen – wie den
der Klasse verschwand, weil er von den Na- zis in einem Viehwaggon deportiert worden ist: „Er war unser Musterschüler. // (...) Spur- los verschwunden / in Land, Stadt und Bude. / Wir trauern und heulen. / Der Junge ist Ju- de.“ Schülersprecher Malek Al Kadah pran- gert in seinem Gedicht „Heimatlos“ die „Un- terdrückung, Lügenterror, Nazigräuel, / Men- schenrechtsverletzungen und Zerstörungen“ an und beendet es mit der Pointe: „Ach, wie
Sarah Dastbaz (AG Ge), Autorin des Gedichts „Verlorene Geborgenheit“
schichte 11-3, de- ren Arbeiten eben- falls in der aktuel- len Wortsegel-Pu- blikation „Heimat- verlust und Exil“ enthalten sind. Mylie wendet sich in ihrem Gedicht „Wir sind alle gleich“ gegen Ras- sismus, Antisemitis- mus, Gewalt und Menschenverach-
Laurin Seichter (AG Ge) verfasste das Gedicht „Freier Platz“
berühmten Schrift- stellerinnen, die ih- re Lebenskrisen, Heimat- und Iden- titätsverlust, Flucht, Exil als Heimater- satz und Sehnsucht nach Normalität beschrieben hat- ten. Besonders eif- rig beteiligten sich die Oberstufen- schüler(innen) der
schön / könnte un- ser blauer Planet doch sein, / wenn das Blutvergießen beendet würde, / wenn Menschen einander respektie- ren / in ihrer Vielfalt / und Würde!“ Fynn Jödden (eben- falls AG Ge) wid- mete seine kunst- voll konstruierte
tung. Sie fordert Toleranz, „Menschenwürde für alle“ und ein Ende der Flüchtlingsströme: „Die Sonne leuchtet für alle. (...) / Egal, ob schwarz oder weiß / (...), Jude oder Christ, / Buddhist oder Atheist, / Muslim oder Hin- du.“ Lilli stellt in den neun Strophen ihres Gedichts „Flucht“, das sie mit einer beein- druckenden Bildcollage illustrierte, aus der Ich-Perspektive ein alptraumhaftes Flücht- lingsschicksal dar. Es endet – wie so oft in
AG Geschichte. Sarah Dastbaz eröffnet ihr Gedicht „Verlorene Geborgenheit“ mit den Versen: „Macht Hass Gier / treiben uns in die Ferne / fernab vertrauter Strukturen / fern- ab vertrauter Umgebung // Zurückgelassen die Heimat / sitzt uns die Angst im Nacken / Was wir waren / können wir nicht mehr sein. // Wie kleine Kinder / müssen wir neu
Schülersprecher Malek Al Kadah (AG Ge), der Autor von „Heimatlos“
Hommage „Heimatverlust“ der jüdischen Lyrikerin Rose Ausländer: „Sie überlebte Flucht, Ghetto und zwei Weltkriege.“ Seine Mitschülerin Lea Luga (GK Ge 11-3) schreibt in ihrem Text „Gejagte Identität“ aus der Sicht von Flüchtlingen während der Hitler- Diktatur: „Wie die vom Jäger gejagten Hasen / schleppen wir uns durchs gleichgeschaltete Land. (...) // Als Nomaden auf der Suche nach Identität (...) / Ob wir unsere Befreiung finden, steht in den Sternen. / Lasst uns das Leben leise wieder lernen.“ Hannah Feindel (GK Ge 11-1) stellt in ihrem Gedicht „Verlust
Der syrische Flüchtling Abdallatif Ghafir (mit Hut) im Kreis der AG Geschichte des Saarpfalz- Gymnasiums während eines Südafrika-Projekts (2018) – als Beispiel für eine gelungene Integra- tion (v.l.): Cecilia Klein, Malek Al Kadah, Abdallatif Ghafir, Geschichtslehrer Eberhard Jung, Lau- rin Seichter, Johannes Göddel, Jasmin Martin und Hannes Hess
jagt wie eine Maus“), Sokratis Johann Aso- makopoulos Brill (6c), der eine leidenschaft- liche Zuversicht in seinem Beitrag „Der Auf- bruch“ ausstrahlt, und die langjährig bewähr- te Wortsegel-Spezialistin Laura Conigliaro (10d) in ihrem kunstvoll inszenierten Ge- dicht „Ungeklärte Fragen“. Kai Aris Rößler (GK Ge 11-1) beklagt in seiner Elegie „Wie es wirklich ist“ sehr differenziert das verlo- rene Glück von Flüchtlingen. Hilferufe und Durchhalteparolen prägen den Überlebens- kampf von Juden im Text „Auf der Flucht“ von Emma Wagner (7b). „Heimatlos“ von Fabienne Breder (7b) spiegelt die Einsamkeit, das Verlorenheitsgefühl in der Fremde, den
der Realität – mit einer Katastrophe, dem Tod des lyrischen Ichs als menschliche Fracht auf einem sinkenden Schiff. Ihre desillusio- nierende Pointe lautet: „Ich geb‘ sie auf, die Gegenwehr.“
Jurysprecher Armin Schmitt betonte, dass die Jury bei der Wahl der Siegertexte „mächtig ins Schwitzen gekommen“ sei. Schon am Beispiel des Saarpfalz-Gymnasiums ist fest- stellbar, dass die besten Texte aus sieben
lernen / zu leben und zu lieben / uns in der Fremde zurechtzufinden“. Ihre bewusst ein- gesetzten Regelverstöße gegen die Zeichen- setzung und die stilistischen Besonderheiten sollen die Entwurzelung der Flüchtlinge und die Verstöße der Herrschenden gegen die Regeln der Menschlichkeit widerspiegeln. Laurin Seichter beschreibt in seinem Gedicht „Freier Platz“, wie ein jüdischer Mitschüler zur Zeit des Dritten Reiches plötzlich aus
Fynn Jödden (AG Ge): „Heimatverlust“ als Hommage
an Rose Ausländer
und Gewinn“ die Grausamkeiten als Begleiterscheinun- gen des Heimatver- lusts den Hoffnun- gen des Neuan- fangs gegenüber. Ähnlich verfahren ihr Mitschüler Dennis Homberg in seinem aufrüt- telnden Text „Auf der Suche nach dem Leben“ („ge-
Ausgabe 109 / September 2021
14