Page 40 - Ausgabe 112 / Dezember 2021
P. 40

Anzeige
 Spuren der Freiheit und Unterdrückung
Wie die Berliner dem Leben mit Humor begegnen
1. Teil
marck, führte. Sie befindet sich im Zentrum des „Großen Sterns“ auf der verkehrsreichen „Straße des 17. Juni“ und gehört zu den be- deutendsten Nationaldenkmälern Deutsch- lands und wichtigsten Sehenswürdigkeiten Berlins. Eine vergoldete Siegesgöttin, die
Die Skulptur „Der Rufer“ vor dem Brandenburger Tor
„Borussia“ als Personifikation Preußens, im Volksmund „Goldelse“ genannt, krönt die Säule. Von der Aussichtsplattform in rund 50 Metern hat man einen weitreichenden Blick über den Tiergarten, zum Potsdamer Platz und Brandenburger Tor, das ebenfalls von der gleichen Siegesgöttin, im Gefolge der Quadriga, mit Blick auf die Prachtstraße „Unter den Linden“ bekrönt wird. Die mo- numentale Berliner Siegessäule ist mit an- deren europäischen Nationaldenkmälern vergleichbar: der Trajansäule in Rom, der Nelsonsäule in London, dem Arc de Tri- omphe in Paris usw.
Das Brandenburger Tor und die Siegessäule als Schokoladenkunstwerke in der Berliner Confiserie Rausch
Am 13. August 1961, also vor 60 Jahren, wurde durch den Mauerbau die Spaltung Berlins in zwei Teile besiegelt, die jeweils zur Bundesrepublik Deutschland und zur sogenannten Deutschen Demokratischen Republik (DDR) gehörten.
Die Berliner Geschichte ist überfüllt mit dra- matischen Ereignissen und originellen Per- sönlichkeiten: Legendär sind unter anderem Albrecht der Bär (um 1100-1170), der Be- gründer der Mark Brandenburg, und der um- strittene Preußenkönig Friedrich der Große (1712-1786), im Volksmund „der Alte Fritz“ genannt, dem die Potsdamer und Berliner die „Pom Fritz“ gewidmet haben. Als rational kalkulierender Monarch war er beeinflusst von der Aufklärung und hatte ausgeprägte künstlerische Interessen. Als Kultfigur gilt auch Heinrich Zille (1858-1929), der als Ma- ler, Grafiker und Fotograf das Berliner „Mill-
 „Berlin! Hör‘ ich den Namen bloß, / da muss vergnügt ich lachen. / Wie kann man da für wenig Moos / den di- cken Wilhelm machen!“ So preist das Kultlied „Das ist die Berliner Luft“ in beschwingtem Marschrhythmus das faszinierende Unterhaltungsangebot, die ausgelassene Fröhlichkeit und das freiheitliche Lebensgefühl in der deut- schen Weltmetropole.
  Es wurde von Paul Lincke 1904 zu einem Text von Heinrich Bolten-Baeckers kompo- niert, trug als beliebter Muntermacher zum Erfolg der Operette „Frau Luna“ und vieler Volksfeste bei und gilt seit dem frühen 20. Jahrhundert als die inoffizielle Hymne der Stadt. Die Zuhörerschaft erfreut sich dabei an raffinierten Lebenskünstler(inne)n mit „Berliner Schnauze“, wenn es heißt: „Ich
Der Berliner Bär, seit dem 13. Jahrhundert das Wappentier der Stadt, hier vor einer Gaststätte nahe beim Alexanderplatz
frug ein Kind mit jelbe Schuh: / ‚Wie alt bist du denn, Kleene?‘ / Da sagt sie schnippisch: ‚Du! Nanu, / ick werd schon nächstens zeh- ne!‘ / Doch fährt nach Britz sie mit Mama’n, / da sagt die kleene Hexe / zum Schaffner von der Straßenbahn: / ‚Ick werd erscht nächstens sechse!‘“ Weiter verkündet der Gassenhauer: Wenn dem Berliner etwas nicht behage, sage er ganz einfach sanft: „Mir könn se alle!“ Dass die Berliner Bevöl- kerung – trotz aller Pracht – auch schon viel Leid ertragen musste, beweist ein Blick in
die Geschichte. Mit Gelassenheit und Hu- mor sind trostlose Ereignisse besser auszu- halten. Glanz und Gloria standen oft in wi- dersinniger Verbindung zu erschreckendem Elend, Bevormundung und Unterdrückung. Das dokumentierten 2021 ganz eindrucks- voll die aktuellen Gedenktage:
Blick auf den 368 Meter hohen Fernsehturm am Alexanderplatz
Am 18. Januar 1701, also vor 320 Jahren, wurde Preußen Königreich – für die Resi- denz- und Garnisonsstadt Potsdam, aber auch für Berlin ein enormer Prestigegewinn. 1871, ebenfalls am 18. Januar, vor 150 Jah- ren, entstand nach den drei siegreichen Ei- nigungskriegen gegen Dänemark (1864), Ös- terreich (1866) und Frankreich (1870/71) das Deutsche Kaiserreich mit preußischer Vor- macht. Der preußische Hohenzollernkönig
   Die Berliner Siegessäule mit der vergoldeten „Borussia“
Wilhelm I. wurde deutscher Kaiser. Die na- hezu 67 Meter hohe Siegessäule im Berliner Tiergarten erinnert heute noch an diese ruhmreichen Kriege, die der preußische Mi- nisterpräsident und spätere erste Reichskanz- ler des deutschen Kaiserreichs, Otto von Bis-
  Ausgabe 112 / Dezember 2021
  40














































































   38   39   40   41   42