Die Ursachen der Explosion - Teil 7
Schreckenstage in Neunkirchen als der Gasometer explodierte
Als um 14 Uhr die Mittagsschicht antrat, war die Leitung so weit fertig, dass nur noch drei Flansche fertig gemacht werden mussten.
Den Auftrag diese Arbeiten fertig zu stellen, erhielten die drei Vorarbeiter Schmitt, Schlosser und Schneider, der zugleich Schweißer war, sowie Hilfsarbeiter Güldenbecher. Eigentlich waren nur noch drei Flanschanschlüsse zu schließen. Dass bei diesen Arbeiten Brenn- und Schweißarbeiten notwendig werden könnten, war von der Betriebsleitung nicht vorauszusehen, da normalerweise bei Flanschanschlussarbeiten Brenn- und Schweißarbeiten nicht vorkommen. Kurz vor der Explosion waren die beiden Arbeiter Schneider und Güldenbecher an dem Anschluss des kurzen Rohrstücks von 1 m Länge mit dem daneben befindlichen Krümmer angelangt. Dieser Anschluss war bis dahin verschlossen gewesen, jedoch war infolge der Reinigung des Rohres mit Dampf die Dichtung dieses Flanschanschlusses schadhaft geworden. Infolgedessen musste dieser geöffnet werden, um die Dichtung zu erneuern. Nach dem Öffnen der Flanschverbindung zeigte sich, dass die beiden Rohrenden eine Höhendifferenz aufwiesen, die vorher nicht aufgefallen war. Das kurze gerade Rohrstück lag einige Zentimeter tiefer als der anschließende Krümmer. Vorher war diese Ungleichheit damit ausgeglichen worden, dass das kurze gerade Rohrstück schräg lag. Es gelang den Arbeitern weder die Flanschverbindung zu schließen noch das waagerechte Teilstück entsprechend anzuheben. Also musste das andere gebogene Teilstück abgesenkt werden. Dies verhinderte jedoch eine Rohrstütze in unmittelbarer Nähe. Die Arbeiter versuchten dann denn Bügel der Rohrstütze wegzunehmen und das Rohr direkt auf dem Stützenkopf zu lagern. Dabei stießen sie jedoch auf Schwierigkeiten. Der Bügel ließ sich nicht so ohne weiteres entfernen. Dabei wurden starke Klopfarbeiten an dem Bügel durchgeführt, die sich auf dem kurzen Rohrstück sicher bis zu dem nahen Schieber fortgepflanzt haben. Als man so den Bügel nicht entfernen konnte, entschloss sich der Arbeiter Schneider den Bügel in der oberen Rundung abzubrennen. Während die Aussagen der Zeugen bezüglich der bisher geschilderten Vorgänge völlig einheitlich waren, folgte nunmehr ein Vorgang, über den die Zeugenaussagen auseinander gingen. Schneider sagte aus, dem etwa 7 m unter ihm stehendem Vorarbeiter Schmitt zugerufen zu haben, er könne den Bügel nicht wegbekommen, es bliebe ihm nichts anderes übrig als den Bügel durchzubrennen. Darauf habe Schmitt geantwortet, unter diesen Umständen solle er den Bügel durchbrennen. Schmitt dagegen sagte aus, dass er sich dieses Zurufs Schneiders und seiner Antwort nicht entsinnen könne.
Schneider begann daraufhin, den Bügel mit dem Brennschneider durchzubrennen. Auch über die folgenden Vorgänge gaben die Zeugenaussagen kein völlig klares Bild. Der Zeuge Schmitt war inzwischen fort gegangen, sodass er über die folgenden Ereignisse nichts aussagen konnte. Der Zeuge Güldenbecher war von der Bühne, auf der die geschilderten Arbeiten verrichtet wurden, abgestiegen und befand sich auf dem Erdboden, sodass auch er nicht angeben konnte, was Schneider auf der Bühne gemacht hat. Schneider gab an, dass er mit dem Durchbrennen des Bügels fertig gewesen sei, dass er dann die Ventile des Brennschneiders zugedreht und diesen fortgelegt habe. Dann habe er einen Hammer genommen um den Bügel unter dem Rohr wegzuschlagen. Bei diesen Schlägen sei in dem Rohr neben ihm eine Explosion entstanden. Eine Flamme habe ihm ins Gesicht geschlagen, sodass er im Gesicht verbrannt sei und er von der Bühne geschleudert wurde.
Fortsetzung folgt; Quellenangabe am Ende der Reihe
Ein Bericht von Wolfgang Melnyk / Horst Schwenk