"Liebe darf nie wieder ein Verbrechen sein!"
Saar-Landtag gedenkt Opfern der Homosexuellenverfolgung in der NS-Zeit
Der Saarländische Landtag hat anlässlich des Tags des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar in diesem Jahr erstmals die Verfolgung von Homosexuellen in der NS-Zeit zum Themenschwerpunkt seiner Gedenkveranstaltung gemacht. Landtagspräsidentin Heike Winzent (SPD) hatte hierzu am Sonntag zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der queeren Community im Saarland ins Landesparlament eingeladen.
Neben Impulsvorträgen der beiden Historiker*innen Dr. Kirsten Ploetz und Dr. Frederic Stroh zur Diskriminierung und gerichtlichen Verurteilung lesbischer Liebe und zur NS-Verfolgung männlicher Homosexualität an der Saar bot die Veranstaltung durch Lesungen von Auszügen aus Zeitdokumenten und durch musikalische Beiträge einen insgesamt würdevollen Rahmen. Während der Herrschaft der Nationalsozialisten in Deutschland zwischen 1933 und 1945 fand die stärkste Verfolgung von Homosexuellen in der deutschen Geschichte statt. Über 50.000 Männer verurteilte die NS-Justiz. 10.000 bis 15.000 schwule Männer kamen in Konzentrationslager. Sie wurden ihrer Liebe wegen verhaftet, bloßgestellt, ihre Existenz wurde vernichtet. Ein falscher Blick konnte bereits genügen, um denunziert zu werden, in Gefängnisse, Zuchthäuser oder ins KZ verschleppt zu werden. Homosexuelles Leben an der Saar war davon nicht ausgenommen.
Thomas W. Schmitt, langjähriger Landesvorsitzender der Lesben und Schwulen in der Union im Saarland (LSU Saar) macht deutlich: "Ein bewusstes Gedenken an die Verfolgung sexueller Minderheiten in der NS-Zeit, wie es letztes Jahr im Bundestag und nun auch erstmals im saarländischen Landtag stattfand, war eine längst überfällige Antwort auf ein viel zu langes Schweigen und ist ein Anfang vom Ende einer im Erinnern bis heute antastbar gebliebenen Würde der betroffenen Menschen. Ich bin der Präsidentin des saarländischen Landtags und dem Landtagspräsidium für das wichtige Zeichen, dass Sie mit diesem Gedenken gesetzt haben sehr dankbar." Neben anderen queeren Verbänden im Saarland hatte sich auch die LSU Saar seit Jahren dafür eingesetzt. "Mehr denn je muss uns die Geschichte auch heute wieder eine Mahnung sein", betont Schmitt weiter und erklärt abschließend: "In Zeiten, in denen in einer stärker werdenden, weitgehend rechtsextremen Partei wie der AfD bereits von der Deportation und Ausweisung von Menschen mit Migrationsgeschichte die Rede ist, ist auch eine Rekriminalisierung von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt vielleicht nur ein weiterer Schritt. Beides muss mit allen Kräften verhindert werden. Letzteres zeigt auch erneut wie wichtig die Verankerung eines ausdrücklichen Diskriminierungsschutzes aufgrund der sexuellen Identität im Gleichbehandlungsartikel des Grundgesetzes ist. Im Saarland hat dieser bereits seit 2011 Verfassungsrang . Wir müssen damit unumstößlich klarmachen: Liebe darf nie wieder ein Verbrechen sein!" © Thomas W. Schmitt