Tipp vom Rechtsexperten
Unvollständige Vorsorgevollmacht im Gesundheitsbereich – es droht die Ergänzungsbetreuung!
Fehlende oder unvollständige Vorsorgevollmachten führen unweigerlich dazu, dass für den Fall, in welchem man nicht mehr selbst entscheiden kann, ein Betreuer bestellt wird – i.d.R. ein fremder Berufsbetreuer, den man überhaupt nicht kennt!
Leider ist es immer noch gängiger Auffassung – auch weil man vielleicht Geld für eine sachkundige Beratung einsparen will!, – dass Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen auf Grund von vorformulierten Vordrucken (oft Ankreuzformulare!) gefertigt werden.
Oft ist es für den Laien gar nicht erkennbar, welchen Sinn die dort vorformulierten Sätze haben. Man kann des Weiteren auch nicht erkennen, ob diese Vorsorgevollmachten vollständig sind. Oft treffen sie auch nicht die eigene spezifische Situation - besonders wenn konkrete Krankheiten vorliegen!
Folgender Praxisfall, den eine Mandantin von uns erlebt hat, soll dies verdeutlichen:
Die Mutter von Frau M. hat ihrer Tochter eine Vorsorgevollmacht ausgestellt. Es handelte sich um ein Ankreuzformular aus dem Internet, ohne zu prüfen, ob dies auch auf die Situation passt und vollständig ist.
Die Tochter Frau M. musste feststellen, dass einige Zeit nach der Erstellung der Vorsorgevollmacht die Mutter immer verwirrter wurde und ihr tägliches Leben nicht mehr alleine gestalten konnte.
Der behandelnde Neurologe regte eine umfassende Untersuchung in dem Universitätsklinikum an – ggf. auch einen längeren stationären Aufenthalt um die Krankheitssymptome der Mutter bestimmen und eine Behandlung einleiten zu können.
Die Tochter begleitete ihre Mutter zu der Untersuchung im Universitätsklinikum, die zunächst einen ganzen Tag beanspruchte. Am Abend dieses Untersuchungstages bat der Chefarzt des Klinikums die Tochter zu einem Gespräch. Dort erfuhr die Tochter, dass bei der Mutter der Verdacht auf Hirnorganische Defekte vorlag.
Um dies weiter zu verifizieren müsse eine längere stationäre Behandlung sofort eingeleitet werden. Die Tochter hatte schon damit gerechnet und äußerte, dass dies für die Feststellung des Krankheitsbefundes und eine mögliche Heilung wohl das Beste für die Mutter sei, da sie sich hier im Universitätsklinikum in guten Händen wisse.
Der Chefarzt äußerte daraufhin, dass die Mutter auf Grund des Krankheitsbefundes wohl nicht mehr geschäftsfähig und einsichtsfähig wäre und insofern selbst die Zustimmung zu einer ggf. längeren stationären Behandlung mit Unterbringung und auch ggf. in entsprechende operative Maßnahmen nicht mehr geben könne.
Daraufhin äußerte die Tochter, dass sie ja über eine umfassende Vorsorgevollmacht – auch im Gesundheitsbereich mit Regelung von ärztlichen Eingriffen und Unterbringungen im Krankenhaus – verfüge.
Diese habe sie auch selbstverständlich dabei!
Als der Chefarzt dann aber dieses Dokument „Ankreuzformular Vorsorgevollmacht“ las, konnte er nicht eindeutig erkennen, dass auch Unterbringungsmaßnahmen und die Einwilligung in schwerwiegende ärztliche Eingriffe dort ausdrücklich geregelt waren. Es handelte sich wohl viel mehr nur um allgemeine Äußerungen, wonach dann streitig war, ob auch Zwangsmaßnahmen bei einer nicht mehr geschäftsfähigen Person mit umfasst waren.
Da naturgemäß ein Klinikum und die behandelnden Ärzte bei solchen Maßnahmen bei nicht mehr geschäftsfähigen Personen auf der rechtlich sicheren Seite stehen wollen, erklärte der Chefarzt der besorgten Tochter, dass er bzw. auch seine Kolleginnen und Kollegen zweifeln, ob diese allgemeine gehaltenen Vorsorgevollmachten für die entsprechenden Befugnisse der Tochter im Hinblick auf die Unterbringung der Mutter ausreichend sind.
Was war die Folgerung?
Der Arzt schickte die Krankenakte an das zuständige örtliche Betreuungsgericht (Amtsgericht) mit der Bitte, für die weiteren Maßnahmen einen sog. „Ergänzungsbetreuer“ zu bestellen.
Ein Ergänzungsbetreuer bedeutet, dass zwar im Übrigen für alle Entscheidungen die Vorsorgevollmacht weiter gilt aber für die speziellen Entscheidungen für die Behandlungen im Krankenhaus bzw. eine „Extra-Person“ bestellt werden muss. Dies war aber nicht die Tochter Frau M., die die Vorsorgevollmacht innehatte, sondern eine völlig fremde Person, die Betreuungen erwerbsmäßig ausübt (Berufsbetreuer). Die Tochter verstand die Welt nicht mehr, sie war doch gemeinsam mit ihrer Mutter davon ausgegangen, dass man in der Vorsorgevollmacht wirklich alles - gerade auch für diese Fälle - geregelt hätte.
Dem war aber nicht so, weil der gewählte Vordruck eben nicht passend für diese Situation – und sogar unvollständig war! Jetzt musste sich die Tochter, mit einer ihr völlig unbekannte Person auseinandersetzten, die sich dann auch in die intimsten Bereiche bzgl. der Gesundheitssorge für die Mutter einmischte! Dadurch wurden notwendige Maßnahmen für die Mutter, soweit sie nicht unter die Notversorgung im Krankenhaus fielen, unnötig lange zum gesundheitlichen Schaden der Mutter hinausgezögert.
Fazit:
Bei der Erstellung einer Vorsorgevollmacht – sowohl für den Vermögensbereich als auch, wie hier aufgezeigt, für den Gesundheitsbereich – müssen alle individuellen Situationen beachtet und betrachtet werden!
Dies kann nur gelingen, wenn ein fachkundiger Anwalt, der „im Vorsorgerecht zu Hause ist“ diese überprüfen und erstellen kann!
Die Kosten für eine solche Beauftragung liegen oft weiter unter dem, was man sich so vorstellt!
Jedenfalls erspart man sich dann später kostspielige Maßnahmen bei der Beauftragung eines Berufsbetreuers, der natürlich nach gesetzlichen Bestimmungen seine Vergütung abrechnet.
Weitere interessante Informationen über die Kanzlei Rechtsanwältin Monika Fries & Rechtsanwalt Klaus Herrmann, Ihre Fachanwaltskanzlei für Erbrecht, Vermögensnachfolge sowie Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung: Schlossbergstraße 2, 66440 Blieskastel, Telefon 06842-2523 oder 06842-53022, E-Mail: kanzlei@fries-herrmann.de. Infos auch online unter: fries-herrmann.de. RA Herrmann