Page 12 - Stadtmagazin "es Heftche"® | Ausgabe 302, Juni 2023
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Ein Bericht von Armin Schlicker und Horst Schwenk
Die beiden Neunkircher Schlösser
Ihre Umgebung und die Bewohner
Danach lag das halbmondförmige Schloss auf einer Terrasse in Höhe der heutigen Schloßstraße und öffnete sich zum Park in
Zeichnung der von Hans-Werner Dußing weiter nordwestlich vermuteten Lage des Barockschlosses © AS 650/21
Richtung auf die Hüttenanlage im Tal. Vom Schloss habe man über den abfallenden Park einen ungewöhnlichen Blick in die lodern- den Flammen und das Funkensprühen der Eisenhütte gehabt. Das Schloss hatte auf der Terrassenseite eine am gesamten Gebäude entlang laufende mehrstufige Treppe. Auf diesen Stufen, „die um die ganze Terrasse hergehn“, hatte Goethe 1770 „vor den gro- ßen Glastüren“ des Gebäudes gesessen, das er ausdrücklich als „wohlerhalten“ bezeich- nete. Man betrat von der heutigen Schloß- straße her im Mittelrisalit eine Vorhalle, in deren Mitte die prächtige, wohl von kostba-
3. Teil
Auf den aufgeführten Plänen und Schil- derungen aufbauend stellte Prof. Heinz 1952 weitere Nachforschungen und Messungen an, ebenso zuletzt auch Horst Schwenk.
Lageplan des Barockschlosses Jägersberg Mst. 1:500 ©AS 650/14
rem Schmiedeeisen eingefasste Haupttreppe sich erhob. Auf beiden Seiten befanden sich Durchgänge zum Gartensaal, dessen große Glastüren auf die breite dem großen Parkteil zugewandte Terrasse führten. Im Oberge- schoss mündete die Haupttreppe wiederum in einen Vorsaal, von dem man in den gro- ßen Festsaal gelangte, dessen große Balkon- türen den herrlichen Blick über die Terrasse und den Schlosspark ins Tal bis zur Eisen- hütte gewährten. Zu beiden Seiten des Mit- telrisalits im Mittelbau befanden sich wohl lange Korridore an Zimmerfluchten entlang. Die Zahl der Fensterachse lässt sich nach den Bogenstellungen der Kellergewölbe mit Sicherheit auf fünf für den Mittelrisalit und je sechs für die Seitenteile des Mittelbaues ansetzen, so dass der Mittelbau alleine schon 17 Fensterachsen hatte. Daran schlossen sich links und rechts im Viertelkreis gebogene Flügel am Ende mit je einem Pavillon an. Prof. Heinz konnte im Frühjahr 1952 die
Rekonstruktionszeichnung von Dieter Heinz © AS 650/16
maßstäblich beachtliche Größe des Schlos- ses feststellen. Der Mittelrisalit besaß da- nach eine Breite von 15,67 m, während der gesamte Mittelbau genau das Dreifache, also 47,00 m maß. Daran schlossen sich links und rechts die beiden Flügel an, so dass das Schloss eine beachtliche Spannweite von 94,00 m hatte. Prof. Heinz wies darauf hin, wie bedeutend diese Ausdehnung des Neun- kircher Barockschlosses im Vergleich zu an- deren Bauten des nassau-saarbrücker Landes war, wenn man bedenkt, dass die große Hauptkirche des Landes, die evangelische Ludwigskirche in Saarbrücken in ihrer größ- ten Achse nur rund 44,00 m hat. Die Über- tragung des Schlossgrundrisses in den Stadt- plan ergab, dass drei Haupt-umfassungsmau- ern des Schlossmittelrisalits genau mit den
Jägermeisterhaus 1911, damals ev. Pfarrhaus © AS 650/3
Mauern des heutigen Hauses Schlossstraße 22 zusammenfallen. Der Keller dieses Ge- bäudes konnte mit großer Sicherheit als aus der Stengelzeit stammend bestimmt werden und auch aufsteigendes Mauerwerk des Ge- bäudes stammt zweifelsfrei aus dieser Zeit. Es kann also festgestellt werden, dass das Haus Schlossstraße 22 auf dem Kellergewöl- be des Schlossmittelrisalits steht und auch die darüber noch erhalten gewesenen Mau- erreste des Schlosses in den Bau des Hauses
Rekonstruktionszeichnungen von Dieter Heinz © AS 650/18
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