Page 20 - Stadtmagazin "es Heftche"® Neunkirchen | Ausgabe 328, August 2025
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        Was ist die Schlawerie?
Zur Entstehung des Neunkircher Ortsteils „Schlawerie“ und zur Deutung des Namens – Teil 5 von Walter Petto
druck des Inoffiziellen, Provisorischen, noch Vorläufigen. Es kann also geschlossen werden, dass diese Anlage neu war, noch nicht lange existierte. Der nichtamtliche Charakter der Bezeichnung geht auch aus der Tatsache hervor, dass im Bannbuch von Neunkirchen (28), angelegt 1770 von dem Geometer Johann Georg Deißinger, im Tractus (Flur) 25 unter der Nr. 3 als Herr- schaftsgut lediglich „Gärten und Kohlen- brenner und Erzgräber-Hütten. Hinter dem alten Hof.“, 8 Morgen umfassend, ver- zeichnet sind. Ein späterer Zusatz besagt: Dieses Stück ist an die Einwohner auf der Schlawerie unterm 25. September 1784 vor eigen verkauft und wie auf 4 Blättern zu ersehen, vertheilet worden. So hat sich etwa 20 Jahre später der Name durch- gesetzt. Demnach sind diese Behausungen vor 1765 für Arbeiter des Neunkircher Werkes auf herrschaftlichem Land errichtet worden. Es fällt jedoch auf, dass in dem Pachtvertrag mit von Stockum 1762 die Planung dieser Wohnungen noch nicht vorkommt, und auch sonst kein Hinweis in den Akten zu finden ist. Das Neunkircher Bannbuch nennt auch die Namen der sie- ben Eigentümer der einzelnen bewohnten Parzellen, alle 24 Ruten umfassend: 3 A: Peter Heyntz, jetzt Peter Platt per Kauf vom 5.März 1785 3 B: Georg Schmeltzer, jetzt Christian Becker per Kauf vom 30. August 1791 3 C: Christian Brunions Wittib 3 D: Jacob Lieblang 3 E: Johannes Lieblang 3 F: Michel Lieblang 3 G: Ludwig Lieblang, jetzt Heinrich Ganther, per Steigerung vom 14. Juli 1787 Dazu gehörten jeweils Gär- ten von 1/8 Morgen und Ackerland von 3 Morgen. Schon bald nach dem Verkauf der Grundstücke trat in zwei Fällen ein Besitz- wechsel ein. Diese Fluktuation ist typisch für die Siedlung. Erst ab Anfang 1776 wer- den im kath. Kirchenbuch von Ottweiler anlässlich von Kasualien Familien mit dem Wohnsitz „Schlavery“ erwähnt. Diese Fa- milien sollen nun auf Herkunft, Beruf, Ver- weildauer untersucht werden.
Quellennachweis: 25 Vgl. Landesarchiv Saarbrücken (LAS) Best. NSB II Nr. 2774;
 Es gibt keine Hinweise, daß die Sied- lung schon 1683 durch französisch- sprachige Arbeiter, die damals das Gros der Belegschaft des Hütten- werkes bildeten, angelegt wurde (25).
Mehr spricht für die von Hoppstädter ver- tretene und hier schon zitierte Ansicht, dass die Schlawerie eine Art Ausweich- siedlung für Arbeiter der 1749 angelegten Neuen oder Oberen Schmelze war. Nach Ablauf der Pachtzeit der Familie Koch im Jahre 1730 war das Werk in herrschaft- licher Regie betrieben worden. In den 1740er Jahren ging Fürst Wilhelm Heinrich wieder zum System der Verpachtung über. Nach und nach kamen die nassauischen Werke in die Hände zumeist jüdischer Pächter aus dem Elsass, ausgenommen die Neunkircher Hütte. Für diese fanden sich Interessenten aus Frankfurter Kaufmanns- kreisen. Am 20. August 1748 übernahm die Firma Thomas von Stockum und Söhne in Frankfurt am Main das Neunkircher Werk nebst dem neu erbauten Stahlhammer auf 16 Jahre in Temporalbestand. Ein Inventar erwähnt neben den Fabrikanlagen auch eine Anzahl von Wohnhäusern. Eine Ver- fügung von Fürst Wilhelm Heinrich vom 11. März 1749 erlaubte den Pächtern, eine zweite Schmelze am „Hasselbächer Weyher“ zu erbauen. Diese Schmelze wurde dann “Schmelze am Sinnerbach”, “Neue Schmelze” oder “Obere Schmel- ze” genannt; letztere Bezeichnung hat sich als Oberschmelz durchgesetzt und ist bis heute geblieben. Das neue Werk hatte einen Hochofen mit zwei großen Blasbälgen, eine Sandgießerei, ein Form- haus, eine Erzwäsche, eine Kohlenscheuer
sowie drei Arbeiterwohnungen. Es lag am Rande des Kohlwalds an der Wiebelskir- cher Bann scheide. Schon 2 1⁄2 Jahre vor Ablauf der Pachtzeit erfolgte am 25.Feb- ruar 1762 deren Verlängerung um 6 Jahre und am 25. Februar 1768 mit Johann Jakob von Stockum und dessen Sohn Johann, wozu 1771 Isaak Schombart aus Frankfurt hinzutrat, um 16 Jahre (26). Wahrschein- lich genügten die Arbeiterwohnungen bei der Oberschmelz auf die Dauer nicht und weitere Unterkünfte waren erforderlich. Die Tatsache, dass die ersten Bewohner der Schlawerie vorher zumeist bei der Ober-
schmelz wohnten und auch die räumliche Nähe zwischen beiden Standorten macht diese Annahme wahrscheinlich. Allerdings enthalten die Akten über das Neunkircher Werk keine Angaben in dieser Richtung. Warum gerade diese Stelle, die ja auf der anderen Seite des Sinnerbachs lag und mit der Oberschmelz durch eine bachabwärts gelegene Brücke nur indirekt verbunden war, zur Ansiedlung gewählt wurde, bleibt vorerst noch im Dunkeln. Erstmals erwähnt wird die neue Niederlassung in einer Be- schreibung der Herrschaft Ottweiler von 1765. Darin wird unter der Meierei Neun- kirchen neben dem Dorf, dem fürstlichen Schloss, dem alten und dem neuen Eisen- werk und einer Mahlmühle auch die „so- genannte Schlabery“ aufgeführt27. Der Zusatz „sogenannte“ ist zu deuten als Aus-
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