Page 35 - Stadtmagazin "es Heftche"® | Ausgabe 121, September 2022
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die Vereinsgründung ablehnten und schlecht machten. Sie gingen davon aus, dass im zu- künftigen Verein nur noch Moralapostel und Antialkoholiker zugange seien. Pfarrer Storck zerstreute die Zweifel schnell, denn es wur- den nicht nur in der Kirche Versammlungen, Gottesdienste und Generalabsolutionen ab- gehalten, Auch die Säle der einheimischen Gastwirtschaften dienten für Vorträge, Weih- nachtsfeiern und Theateraufführungen.
che und Staat ein. 1859, im ersten Jahr als Pfarrer und im Jahr der Gründung des Knap- penvereins beklagte er sich über die zu klei- ne Kirche in Bexbach, die für 2000 Gemein- demitglieder nur 400 Plätze bot. Er führte Kollekten und Sammlungen durch, legte Geld in Eisenbahnobligationen an und hatte bereits einen guten Grundstock zum Neubau gelegt, als er nach Bellheim versetzt wurde. Dort ist sein Name bis heute an verschiede- nen Stellen, auch an der Kirche zu finden. Er gründete ein Stift für Kindergarten, Ar- beitsschule, Waisenhaus und ie Nieerlassung der Mallersdorfer Schwestern, ließ in Bell- heim 18 Wohnungen für Jungverheiratete bauen und legte 1887 den Grundstock für den Speyerer Priesterunterstützungsverein und spendete aus seinem ererbten Privatver- mögen soviel nach St. Ingbert, dass dort die Kapuziner ein Kloster errichten konnten, das Fidelishaus. Erst mit 85 Jahren ging er in den Ruhestand. Wie sehr er an Bexbach hing, wird deutlich an jenem Geschenk, das er 3 Jahrzehnte nach seinem Weggang seiner ehemaligen Gemeinde machte. Es gehört bis heute zu den schönsten Sehenswürdigkeiten unserer Stadt: die neobarocke Kreuzigungs- gruppe Ecke Gruben- und Wellesweilerstra- ße. Eine Tafel an der Seite bestätigt „Errichtet im Jahre 1897 von dem Herrn Joh. Storck, Pfarrer in Mittelbexbach von 1858-1869,
jetzt Pfarrer, Dekan und Geistlicher Rath in Bellheim.“
Bergfest auf der Grube Bexbach
Ursprünglich wurden die Bergfeste auf den Barbaratag begangen, später verlegte man sie witterungsbedingt in den Juli. Auf das Mittelbexbacher Bergfest wartete man im ge- samten Umkreis bis weit ins Preußische. Hier verstand man ab 1850 zu feiern. Mor- gens wurden Böller geschossen, das Dort war mit weißblauen Fahnen geschmückt, gegen 8.30 Uhr kommen die Knappen aus Ober- und Niederbexbach, Frankenholz und Höchen sowie die gesamte Belegschaft zum Bergamt zur Aufstellung der Parade. Das Arschleder wurde über die Tracht gezogen
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und unter Vorantritt der Grubenkapelle in den Ort marschiert. Dann folgten Gottes- dienste in der katholischen bzw. evangeli- schen Kirche oder im Betsaal. Der Kay- ser’sche Betsaal direkt neben der katholi- schen Kirche wurde vom Altkatholiken Fried- rich Kayser den Protestanten zur Verfügung gestellt, bis diese 1889 ihre eigene Kirche erhielten. Nach den Gottesdiensten begab man sich wieder auf den Rückmarsch zur Grube. Das Festmahl war vorbereitet, die Kessel dufteten. Es bestand aus Rindfleisch- suppe mit Beilage, Schweinebraten mit Ge- müse und einer Flasche Wein für den Hauer. Der Schlepper erhielt die Hälfte, später be- kam jeder Knappe noch einen Schoppen Wein. Interessant war die Tatsache, dann einzig an diesem Tag die Bergbeamten ab Fahrsteiger ihre ansonsten „Untergebenen“ zu bedienen hatten. Ab 4 Uhr nachmittags war Tanz angesagt. Das bayerische Königs- haus spendierte das Essen sowie 2-3 Schop- pen Wein; was der Knappe mit dein Seine sonst noch verzehrte, musste er aus der ei- genen Tasche bezahlen. In der Tradition die- ser Bergfeste standen lange Jahre die in Bex- bach vom Knappenverein durgeführten so genannten „Grenzlandtreffen“, wo die Berg- leute von Saarland, der Pfalz und von der Ruhr mit denen aus Frankreich und Luxem- burg zusammenkamen. Eines der letzten und gleichzeitig größten fand in Bexbach im Jah- re 1985 statt. Der damalige Umweltmister Dr. Berthold Budell und der Homburger Landrat Clemens Lindemann waren begeis- tert, als Hunderte von Bergleuten mit ihren schönen Uniformen und Federbüschen, be- gleitet von 4 Musikapellen durch die mit Fahnen geschmückten Straßen Bexbachs zo- gen und vor den Höcherberghallen die Berg- parade abnahmen. Mitte Juni 2022 wurde wieder gefeiert, diesmal in abgespeckter Form: Nach der Hl. Messe in der Barbara- kirche Oberbexbach formierte sich der Zug Richtung Volkshaus. Dort Bergparade und Aufspielen der Bergkapelle Saar.
Ein Bericht von Hans-Joseph Britz
Barbaratag auf der Bergehalde mit Trierer Studenten und Schulkindern
Die Vereinsziele
Zweck des Barbaravereins war die Förderung eines sittlichen und kirchlichen Lebens sei- ner Mitglieder. Weiterhin die Förderung ei- ner christlich-liebevollen und wechselseiti- gen Ermunterung und Unterstützung sowie die Bildung einer Kasse für den Krankheits- und Sterbefall. Gesellige Unterhaltung sollte ebenfalls nicht zu kurz kommen. Eine Ar- beiterbibliothek, die neben den Bergleuten auch dem katholischen Jünglings- und Ge- sellenverein zur Verfügung stand, wurde im Pfarrhaus eingerichtet. Knapp ein Jahr nach der Gründung zählte der Verein bereits 130- 140 Personen, darunter einige Protestanten, die als außerordentliche Mitglieder geführt wurden. Pfarrer Storck setzte den Statuten den Wahlspruch Adolf Kolpings voraus: Re- ligion und Tugend, Arbeitssamkeit und Fleiß, Eintracht und Liebe, Frohsinn und Scherz. Chronologisch waren die Vorsitzen bis 1946: Jakob Link, Petr Betz, Fritz Ostheimer, Jo- hann Neumaier und August Kiehl. Soge- nannte Kirchenparaden fanden am Barbara- tag sowie an Fronleichnam statt. Außerdem hatte der Verein „in corpore“, d.h. gemein- sam mit der Fahne beim Begräbnis eines Mitglieds oder anderer hochgestellter Per- sönlichkeiten anzutreten. Wer bei einem Be- gräbnis fehlte, hatte 1,50 Mark als Strafe zu entrichten, „auch wenn er eine Schicht ver- säumen muss“.
Gründer Johannes Storck
Bis heute gehört Storck zu den großen Pries- tergestalten der Diözese Speyer. Er hatte das Herz am rechten Platz, denn es schlug für die Nöte der Menschen seiner Zeit. Ähnlich wie sein Trierer Amtskollege Hansen, galt er als Reformkleriker und setzte sich früh für die Arbeiterschaft und deren Rechte in Kir-
A. Arend
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