Page 19 - Ausgabe 030 / Februar 2015
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In Homburg: Italiener, Schweden, Engländer und Holländer
Zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zur ordnungsgemäßen Durchführung einer Wahl wurden bereits im Dezember 1934 hollän- dische, schwedische, italienische und engli- sche Truppen – feldmarschmäßig und teil- weise mit Kriegsfahrzeugen – nach Homburg entsandt. Im Stadtarchiv Homburg zeugen zahlreiche Bilddokumente von diesen Trup- pen. Im Standartwerk zum 13. Januar, heraus- gegeben vom Leiter des Landesarchivs Ludwig Linsmayer, ist ein Bild abgedruckt, das Jugend- liche auf dem Homburger Marktplatz zeigt, die fasziniert vor italienischen Kleinpanzern stehen. Fälschlicherweise wurde das Bild vom Herausgeber nach Saarbrücken verlegt.
Es gab auch eine eigene sog. „Abstimmungs- polizei“. Besonders das englische Essex-Re- giment war gerne gesehen bei der Hombur- ger Bevölkerung. Nach der Ankunft am 2. De- zember 1934 (und der Unterbringung im Hotel und Gasthaus Karlsberg in der Saarbrücker Straße. Anm.d.Verf.) hatten sie schnell Sympa- thien auf ihrer Seite, nicht zuletzt wegen des angegliederten Musikkorps, das öfters in der Stadt aufspielte. Die „Saarpfalz“ berichtet:
Friedrich Wasemann und Anna geb. Maurer mit Kindern und Enkeln am 13. Januar vor ihrem Haus in der Johannesstraße
in Mittelbexbach
„Das korrekte Verhalten der Chargen wie der Mannschaft fand seitens der Bevölkerung un- geteilte Anerkennung: ja das Verhältnis...ge- staltete sich dank der vorzüglichen Haltung freundschaftlich – erst recht nach dem Abstim- mungssieg am 13. Januar, den die Besatzungs- truppen aufrichtig mitfeierten. Zweimal gas- tierte auch die Regimentskapelle hier und jedes Mal waren die Standkonzerte sehr stark be- sucht...Zum Abschied der englischen Truppen darf jedenfalls gesagt werden, dass ihr Anden- ken hier – im Gegensatz zu jener früheren Be- satzung nach Kriegsende – ein gutes bleiben
wird.“ Man höre und staune: Bei der Verab- schiedung der Engländer am 19. Februar 1935 auf dem Bahnhof Homburg sangen die Ange- hörigen des Essex-Regiments als Dank für ihre Gastgeber das Lied „Deutsch ist die Saar.“
Propaganda zur Volksabstimmung
Dieses wiederum wurde nach der Melodie des altbekannten Steigerliedes „Glück Auf, der Stei- ger kommt“, welches der Saarbrücker Lehrer Hanns M. Lux im Jahre 1922 dichtete und das besonders im Abstimmungskampf gesungen wurde. Bis heute ist dieses Lied weitaus besser bekannt als die eigentliche Saarhymne, deren Titel lautet: Ich rühm‘ dich, du freundliches Land an der Saar. Ein Titel, der allerdings so sperrig daherkommt braucht sich nicht über mangelnde Resonanz zu wundern.
Umstrittenes Jubiläum
Wie war das vor 80 Jahren: Wollten die „Saar- länder“ zu Deutschland oder wollten sie zu Hitler? Eine Frage, die bis heute gestellt wird. Ohne anmaßend werden zu wollen und ohne unsere Vorfahren zu diskreditieren war es de facto so, dass sie zu „Hitler-Deutschland“ ka- men. Allerdings war es eine Heimkehr „zur Deutschen Mutter“, die statt propagierten 1000 Jahre gerade mal zehn Jahre dauerte. So lautet der Titel eines Ausstellungskataloges des His- torischen Museums Saarbrücken über die stän- dige Ausstellung „Zehn statt Tausend Jahre“. Wusste man damals nicht, was kam? Konnte man sich in den zwei Jahren Schonfrist von 1933-1935 nicht ein Bild machen von dem, was Hitler beabsichtigte? Denn am 30. Ja- nuar 1933 war im „Reich“ bereits die Macht- übertragung an ihn erfolgt. Und hier an der
Anzeige
Saar war die Presse noch nicht gleichge- schaltet. Homburg hatte zwei Tageszeitun- gen: die „Homburger Zeitung“ von Verleger Ermer und die „Saarpfalz“ von Redakteur Bossung. Während Ermer sehr früh ablehnte, Werbung für jüdische Geschäfte zu schalten, konnten die wenigen jüdischen Geschäfts– inhaber, die bis 1935 blieben, dies ohne wei- teres bei Bossung tun. Dr. Joachim Bossung war seit langem ein Mahner vor dem Natio- nalsozialismus, gegründet auf seine christli- che Grundeinstellung. Das zahlten ihm die neuen Machthaber 1935 heim und verboten seine Zeitung in Homburg und Kaiserslau- tern wegen „Verlogenheit“.
Bahnhofstraße: Höcherturm, Schachtturm und Wasserturm, die Wahrzeichen von Bexbach
Dabei hatte er nur die Wahrheit geschildert. Auch die jüdischen Bürger Homburgs wussten wohl, was sie erwartet. Immerhin wurde die Staatspolizei im Vorfeld des 30. März 1933 von der Regierungskommission aufgefordert, jüdische Geschäfte am 1. April zu bewachen und zu kontrollieren. Reichsweit mussten sie geschlossen bleiben. Die „Homburger Zei- tung“ wies auf die zwangsweise Schließung bzw. Kontrolle der jüdischen Geschäfte hin, jeder Zeitungsleser war darüber informiert.
Die andere Homburger Tageszeitung, die „Saarpfalz“ war nicht müde, die Leserschaft auf kommende Gefahren hinzuweisen. Sie tat dies in sehr offener Weise, musste jedoch die letzten Monate vor der Abstimmung gu- te Miene zum bösen Spiel machen und auf die „neue“ Linie umschwenken. hjb
          Ihr Augenoptiker in Homburg
Ende des 1. Teils
SD1212
Harald Gutmann
Augenoptiker
       Geschäftsführer
Der Augenoptiker Roman Wagner+Gutmann GmbH
Dürerstraße 138 · 66424 Homburg-Erbach · Tel. (0 68 41) 70 30 21 0 E-Mail: homburg@optik-wagner.de · Internet: www.roman-wagner.de
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