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aufweist, sich aber in einem bedauernswer- ten Zustand befindet! Weil das jüdische Ge- setz ewige Ruhe für die Toten verlangt und ein jüdischer Friedhof niemals aufgehoben werden darf, hatte ich die Hoffnung, hier noch die alten Gräber zu finden. Der freund- liche und wissbegierige Friedhofswärter war mir behilflich, unter den rund 3700 Gräbern
am 8.9.1893 in Frankfurt geboren und starb in Basel auf den Tag genau zwei Jahre nach ihrem Ehemann: am 2.10.1986. Ihr Doppel- grab auf dem „Israelitischen Friedhof“ in Ba- sel befindet sich in einem guten Zustand. Ganz besonders beeindruckend war Otto Franks Grab in Birsfelden im Schweizer Kan- ton Basel-Landschaft. Mit Blumen überfüllt ist es zugleich die letzte Ruhestätte seiner zweiten Frau Elfriede. Auf der Vorderseite fällt ein Zitat von Anne Frank ins Auge: „Va- ter ist mein Alles.“ Dass Anne ihren Vater bewunderte und ihre Mutter Edith ziemlich kritisch beurteilte, geht aus ihrem Tagebuch hervor. An der linken Seite des Grabsteines befindet sich ein Hinweis auf die in den na- tionalsozialistischen Konzentrationslagern ermordeten Familienmitglieder: Ottos erste Frau Edith (1900-1945), die in Auschwitz umkam, und seine Töchter Margot (1926- 1945) und Anne (1929-1945), die kurz vor Kriegsende in Bergen-Belsen starben. Über Buddys letzte Ruhestätte hüllen sich die Fa- milie und der Anne-Frank-Fonds in Schwei- gen. Sie sei nicht in Basel.
Gerti Elias mit Otti Rehorek, Buddys Partner bei der Eisrevue „Holiday on Ice“
Unmittelbar vor der Gedenkfeier würdigte die Stadt Frankfurt, in der noch die Geburts- häuser von Buddy und Anne stehen, die Fa- miliengeschichte von Anne Frank mit der zweiwöchigen Veranstaltungsreihe „Frankfurt liest ein Buch“ (gemeint ist „Grüße und Küs- se an alle“). Da Buddy als Zeitzeuge nicht mehr zur Verfügung stand, übernahm seine Witwe Gerti zusammen mit Mirjam Pressler zahlreiche Verpflichtungen. Als ich Gerti bei unserer Begrüßung in Basel fragte, wie sie diesen Stress verkraftet habe, erwiderte sie: „Das war Medizin – genauso wie die heutige Gedenkfeier!“ Sie freute sich über das zwei- seitige Kondolenzschreiben von Oberbür- germeister Rüdiger Schneidewind, das ich ihr zusammen mit einer Fotokopie von Bud- dys Eintragung ins Goldene Buch der Stadt Homburg und einem kunstvoll gestalteten Stadtwappen überbrachte. In dem Brief be- kundete er die hohe Wertschätzung ihres verstorbenen Ehemannes: Sein Tod habe ihn „sehr berührt, denn wir haben einen Freund der Stadt Homburg und einen wichtigen Zeitzeugen und engagierten Vertreter für Ver- ständigung und Toleranz verloren. Auch durch das Engagement des Saarpfalz-Gym-
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nasiums waren in den vergangenen Jahren vielfältige Kontakte mit Buddy Elias zustande gekommen, von denen alle Beteiligten, vor allem sehr viele junge Menschen, nach- drücklich beeindruckt waren.“
Endlich gefunden: das Grab von Ida Elias- Neu, Buddys Großmutter aus Homburg, auf dem Israelitischen Friedhof in Base
die gewünschten zu finden. Ida Elias geb. Neu wurde am 11.4.1868 in Homburg ge- boren und starb am 15.1.1957 in Basel. Sie wurde von Buddy als liebevolle, freundliche, aber unauffällige Oma beschrieben, die für ihn Strümpfe und aus Wollresten einen kun- terbunten Schal strickte. Mit ihrem „Putz- fimmel“ ging sie in Basel allerdings manchen auf die Nerven. Wie Annes Vater Otto hatte sie auch den Tod von zwei Kindern zu be- klagen: Ihre 18-jährige Tochter Johanna nahm sich 1911 in Zweibrücken das Leben, nachdem sie als Schwangere von einem „christlichen Offizier“ im Stich gelassen wor- den war. Ihr Sohn Paul Elias, wie Johanna in
Buddy Elias, Schülerin Alina Keßler und ihr Lehrer Eberhard Jung zeigen stolz Buddys Seite im Goldenen Buch
der Stadt Homburg (2011)
John D. Goldsmith, bisheriger Vizepräsident des Anne-Frank-Fonds, betonte bei seiner Begrüßung der Gäste, dass das Theater Fau- teuil neben der „Komödie Basel“ Buddys Bühne war, auf der er im Winter 2013 zum letzten Mal in einem Theaterstück auftrat. Die in Basel geborene, international bekann- te Schauspielerin Sunnyi Melles würdigte in ihrer anschließenden Rede Buddy als Kolle-
Eberhard Jung mit Schauspielerin Sunnyi Mel- les (Mitte) und Regisseurin Lydia-Maria Emrich
Zweibrücken geboren, kam im KZ Au- schwitz um. Obwohl sie zu ihren Lebzeiten über seinen Tod im Ungewissen blieb, ahnte sie sein Schicksal, wurde depressiv, immer schweigsamer und putzwütiger. Bilder und weitere Informationen über sie und Buddys Eltern Erich und Helene, geb. Frank (Annes Tante) findet man in der Familiengeschichte „Grüße und Küsse an alle“. Erich Elias, Bud- dys Vater, wurde am 6.11.1890 in Zweibrü- cken geboren und starb am 2.10.1984 in Basel. Seine Frau Helene („Leni“), die Buddy als tatkräftige Frau sehr hoch schätzte, wurde
Der Grabstein von Buddys Eltern Erich und Helene Elias, geb. Frank auf dem Israeliti- schen Friedhof in Basel
gen und erzählte von ihren ersten Theater- Erinnerungen, als sie ihn in der „Basler Ko- mödie“ als „Das tapfere Schneiderlein“ be- wunderte: „Buddy war der Held für mich.“ Mit der Vorführung des Dokumentarfilms „Mein Glück, mein Schicksal“ im Theatersaal wurde auf Leben und Werk des verstorbenen Künstlers zurückgeblickt. Anschließend traf man sich im Kaisersaal zum „Apéro“ (Um- trunk mit Imbiss) beim geselligen Miteinan- der. Die Gespräche mit Komiker Otti Reho- rek, Buddys Partner bei der Eisrevue „Holi- day on Ice“, mit der aparten Schauspielerin Sunnyi Melles (eigentlich Sunnyi Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein), Regisseur Pierre Ko- ralnik („Mein Glück, mein Schicksal“), Nach- wuchs-Regisseurin Lydia-Maria Emrich, die beim nächsten Max-Ophüls-Festival mitwir- ken möchte, der Theaterchefin Caroline Ras- ser, Gerti Elias, ihren Söhnen Patrick und Oliver und vielen anderen hinterließen einen bleibenden Eindruck. Eberhard Jung
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