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  104 Jahre Flugbetrieb in Bexbach
Albrecht Menzel war Mitflieger beim Erstflug in Bexbach
Waldsaum, ging auf den Gelände des Stillen Winkel bis auf 2 Meter herunter, zog einige Meter über die Felder hin. Wenige Tage spä- ter wiederholte sich dieses Manöver, das den Zweck hatte, die Möglichkeit dieses Gelän- des für einen Flugplatz zu erkunden. Der Test fiel positiv aus, wie der Pilot der Ma- schine, Dr. Emmrich, bestätigte. Besprechun- gen mit dem Ortsvorstehern Albrecht Russy fanden statt, und Verhandlungen mit den Grundstückseigner wurden eingeleitet. Da aber 2 Äcker bereits eingesät waren, musste bis zum Herbst gewartet werden. Dennoch wurde schon geplant, und eine Flugveran- staltung war für den Herbst 1957 mit dem Zweibrücker Luftsportclub angekündigt. Im
Rissezeichnung der Etrich Taube
Ortsteil Ludwigsthal wurde in einer Schrei- nerei in dieser Zeit ein Sportflugzeug gebaut. Der Plan des Flugplatzes Ludwigsthal ver- wirklichte sich nicht, da in Bexbach hinter dem Blumengarten mit Hilfe der US-Pioniere aus Ramstein mit schwerem Gerät an der Fertigstellung des heutigen Flugplatzes Bex- bach gearbeitet wurde. Am Westende des Platzes musste eine Kiesgrube und ein tiefer Hohlweg zugeschüttet werden. Es entstand ein Platz von 1000 Meter Länge und 80 Me- ter Breite. Nun schlossen sich die Neunkir- cher Motorflieger dem Aero-Club Bexbach an. 1957 nahm der aus Wellesweiler stam- mende Bexbacher Segelflieger Heinz Schnei- der an den Deutschen Segelflug-Meister- schaften in Oerlinghausen teil und machte damit den Bexbacher Verein national be- kannt. Was also der Reporter Albrecht Men- zel vor 104 Jahren von oben sah, ist nicht mehr das Bexbach von heute. Trotzdem ha- ben es Bexbacher Bürger heute leichter ihre Stadt von oben zu sehen. An jedem Wochen– ende finden sie ihre Bexbacher Flieger hinter dem Blumengarten auf ihrem Flugplatz und laden sie gerne ein.
Quelle: Westpfälzische Rundschau Herbert Marx
Zu den sieben Sportflugplätzen im Saarland gehört das Gelände des Aero-Club Bexbach in der Nachbarschaft des Blumengartens.
Seit fast sieben Jahrzehnten wird hier ein re- gelmäßiger Übungs- und Schulbetrieb prak- tiziert. Mit der Fliegerei jedoch ist Bexbach und das östliche Saarland wesentlich früher in Berührung gekommen, erstmals vor fast 11 Jahrzehnten, genau am 10. Oktober 1911. Der Sportreporter der Westpfälzischen Rundschau, Albrecht Menzel war Organisa- tor und Mitflieger bei diesem Erstflug in Bex-
Etrich Taube
bach. Das dabei benutzte Flugzeug war ein Nachbau des österreichischen Konstrukteurs Etrich, genannten Etrich-Taube. Der deutsche Flugzeugbauer Rumpler baute den Flieger nach und der wurde unter dem Namen Rumpler-Taube weltbekannt. Die Spannwei- te der Flügel waren 14,30 Meter, Rumpflän- ge 9,90 Meter Höhe 3,20 Meter, Leergewicht 650 Kilo, Motor 100 PS, Geschwindigkeit 100km/h, Reichweite 140 km, Höhe 2000 Meter. Diese Rumpler-Taube war nun mit Flugzeugen wie wir sie heute kennen nicht zu vergleichen. Es hatte keine Steuerruder. Die Richtungsänderungen wurden durch ver- biegen und verdrehen der Tragflächen und Schwanzflossen gesteuert. Die Kraftübertra- gung geschah durch dicke Drähte und er- forderten von den Piloten kräftige Muskeln. Flüge von einer Stunde führten bis zur Gren- ze der Leistungsfähigkeit.
Wie kam es nun zu diesem sehr
frühen Flug in Bexbach?
Im Sommer 1911 kündigte Saarbrücken eine große Flugveranstaltung mit einer Staffel von 6 Rumpler-Tauben an. Neunkirchen, damals eine noch junge Industriestadt, lebte in Kon- kurrenz mit der Landeshauptstadt und wollte ebenfalls von dem Großereignis profitieren. Eine Abordnung des rührigen Verkehrs- und Verschönerungsvereins fand beim Saarbrü- cker Bürgermeister aber wenig Gehör für den Vorschlag, wenigstens eines der Flug- zeuge auch über Neunkirchen kreisen zu
lassen. Der Reporter Albrecht Menzel, der zu der Abordnung gehörte, und seine Freun- de beschlossen, unter dem Patronat des Ver- eins Borussia eine eigene Flugveranstaltung zu organisieren. Man engagierte den damals bekannten Koblenzer Kunstflieger Bruno Wentgen, der jedoch nur am Termin der Saarbrücker Großveranstaltung frei war. Als das Neunkircher Vorhaben bekannt wurde, versuchte man von Saarbrücken aus das Konkurenzunternehmen zu stoppen, jedoch vergeblich. 30 000 Zuschauer lagerten auf den Hängen des gerade erst gebauten Sport- platzes Ellenfeld. Dreimal versuchte der Kunstflieger einen Start auf dem nur 135 Me- ter langen Gelände, dreimal kam er nicht vom Boden. Das war der 8. Oktober 1911. Jetzt wurde die Veranstaltung zwei Tage spä- ter im Wiesenthal der Blies zwischen Nieder- bexbach und Wellesweiler neu angesetzt. Diesmal gelang der Start und der Reporter Albrecht Menzel lies sich über die Dächer von Bexbach tragen. Später dann, Ende der zwanziger und zu Beginn der dreißiger Jah- re, war es der Bexbacher Adolf Kneip, der
Nachbau 2004
zur Spitze der deutschen Kunstflieger zählte, den zweiten Platz beim Deutschlandflug be- legte und zusammen mit Ernst Udet, Liesl Bach und Elli Beinhorn bei zahlreichen Ver- anstaltungen im In- und Ausland startete. Danach hat der Neffe Adolfs Kneips, Heinz Klein beachtliche Plätze beim Deutschland- flug belegt, zuletzt mit dem Bexbacher Lud- wig Petri als Kopiloten. In den dreißiger Jah- ren gab es eine rührige Segelfluggruppe in Bexbach, die ihre Sprünge in der Kolling machte und über die Bahn hinweg bis zum Mühlenberg flog. Mit der Fliegerei kam Bex- bach nach dem Kriege wieder durch den Aero-Club Neunkirchen in Berührung. Im Herbst 1956 wurden auf den abgeernteten Feldern, hinter dem Blumengarten, die ersten Probestarts mit einer Hochstartwinde durch- geführt. Im Frühjahr 1957 wurde den Bür- gern von Ludwigsthal ein ungewohntes flie- gerisches Schauspiel geboten. Ein Sportflug- zeug flog nur wenige Meter über den nahen
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