Page 25 - Ausgabe 099 / November 2020
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sellschaftlichen Aufstieg anstrebt. Das waren im Deutschen Reich die guten Jahre der Wei- marer Republik im Intervall von 1924 bis
Blick in die Ausstellungshalle: „Frieda“ mit Schüler(inne)n des Grundkurses Geschichte 11
1929, zwischen der beendeten Inflation und der Weltwirtschaftskrise. Im Mittelpunkt ste- hen die Zeitgenossen, die den verheerenden Ersten Weltkrieg und die noch verlustreiche- re Pandemie der Spanischen Grippe überlebt hatten und nach dieser entbehrungsreichen Zeit ausgiebig ihre Lust auf Lebensfreuden und Vergnügungen stillen wollten. Sie hatten Alptraumhaftes erlitten, waren desillusioniert durch den Krieg und seine Folgen, Hunger und Angst, Arbeitslosigkeit, sozialen Abstieg und zunehmende Radikalität. Die Trostlo-
Nelly Brügelmann tanzt als Ausstellungsbe- gleiterin Frieda vor den Schautafeln des Saar- brücker Tanzlokals „Monopol“ den legendä- ren Charleston und erntet dafür viel Applaus
sigkeit wurde verstärkt durch Putsch- und Umsturzversuche, politische Attentate, den Verlust alter Sicherheiten, nationale Demü- tigungen durch den Versailler Vertrag, die
Kriegsreparationen, die Machtlosigkeit de- mokratischer Politiker usw. Die Hoffnungs- vollen träumten vom Aufbruch in eine ge- rechtere Welt mit demokratischer Grundord- nung, von Selbstverwirklichung und Eman- zipation, Frieden und Wohlstand, künstleri- scher Entfaltung, kreativen Experimenten, Le-
Die Saarbrücker „Straße des 13. Januar“ führt geradewegs zum Schlachthof – mit hohem Symbolcharakter angesichts der Eingliederung des Saargebiets
in den Terrorstaat Hitlers (1935–1945)
bensgenuss und Ausgelassenheit. Sie waren unkonventionell, wagemutig, hungrig aufs Leben, genossen Nacktheit und Freizügig- keit, Musik, Tanz und Unterhaltung in Nacht- lokalen und Varieté-Theatern. Besonders auf- fällig waren emanzipierte junge Frauen, mo- disch gekleidet mit Hosen oder kurzen Rö- cken, in rebellischer Pose mit Bubikopf und Zigaretten – ein scharfer Kontrast zum bie- deren Kaiserreich. Aufgrund des kriegsbe- dingten Männermangels drangen sie erfolg- reich in typische Männerdomänen ein, ge- nossen das Frauenwahlrecht, ihre Ausbil- dungschancen, Erwerbsmöglichkeiten und eigenen Vorstellungen von Selbstverwirkli- chung, Freiheit, Sex und Moral. Sie betrieben leidenschaftlich Sport, machten den Flug- und Führerschein, fotografierten, filmten und tanzten fröhlich, um die Alltagssorgen zu vergessen. Kreative Jungfilmer(innen) konzi- pierten neue Lebensentwürfe und Welten. Rundfunk, Kino, Theater und Wissenschaften erlebten eine Blütezeit. Berlin erhielt den Ruf als Hauptstadt des Lasters und der Ver-
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