Page 18 - Ausgabe 100 / Dezember 2020
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Den Zweiten Weltkrieg habe er mit viel Glück überlebt. Bundeskanzler Konrad Ade- nauer, der im hohen Alter von 73 bis 87 Jah- ren Hitlers Scherbenhaufen beseitigen muss- te, steht bei ihm hoch im Kurs: „Was wäre
Bei einer Feier 2013 im Hof des Saarpfalz- Gymnasiums (v.l.): Dr. Jürgen Helwig, Dr. Klaus Zeßner und Alfons Seiler, die als Schulleiter eine Ära von 40 Jahren repräsentieren (1973-2013)
Deutschland geworden ohne ihn?“ Ebenso lobt er Helmut Kohl wegen der Wiederver- einigung Deutschlands. In Salzburg habe er ihn einmal persönlich getroffen. Auch den gleichaltrigen Fritz Walter (1920-2002), der
Bei einem der vielen Interviews der AG Ge- schichte mit dem ehemaligen Schulleiter (v.l.): Schülerin Elena Baschab, Alfons Seiler und Lehrer Eberhard Jung (2013)
ihn sehr beeindruckte als guter Fußballspie- ler und sympathischer Mensch, habe er ein- mal im Stadion erlebt bei einem Fußballspiel von Kaiserslautern gegen die Saarauswahl. Das glorreiche WM-Endspiel 1954 habe er zusammen mit einer Vielzahl von Hombur- gern auf einem kleinen Fernsehgerät im Café Ulmer in der Untergasse verfolgt. Ein Strahlen bekommt er ins Gesicht, wenn es um die ge- liebte Antike des Altphilologen geht: um So-
Leonie Moritz (7b) hat eine Urkunde zum 100. Geburtstag angefertigt
krates, Platon, Aristoteles und Alexander, Se- neca und Nero, Cäsar, Cicero, Sueton und Tacitus. Im Denken gehören sie ebenso zu seiner Familie wie seine Kinder und Enkel.
Was ist das Erfolgsrezept für sein hohes Al- ter? Das sei wohl genetisch bedient, seine Eltern und sein Bruder seien auch sehr alt geworden. Maßhalten, nicht rauchen, wenig Alkohol, ab und zu ein Gläschen Wein und eine gewisse Resilienz hält er ebenfalls für wichtig. Er schlafe viel, sein Mittagsschläf- chen sei ihm wichtig, aber am besten sei der „Fernsehschlaf“. Die Lehrer, die er kennt, seien – wohl infolge des hohen Stressfaktors in ihrem Beruf – nur ganz selten über 90
Die Klasse 7b gratuliert Alfons Seiler zum 100. Geburtstag
Jahre alt geworden. Obwohl ihm die jungen Menschen, ganz besonders die Schüler(in- nen), sehr am Herzen liegen, redet er auch gern über hochbetagte: Cato der Ältere (234- 149 v. Chr.) und der „Alte Fritz“ (1712-1786) gehören da noch zu den Jüngsten, Johannes Heesters (1903-2011) ist der Älteste, den er nennt. Er verweist aber auch auf den Grün- der der Karlsberg-Brauerei, den Homburger Ehrenbürger Christian Weber, der im No- vember 1939, kurz nach Kriegsbeginn, im Alter von 99 Jahren verstorben sei.
deutung des lateinischen Substantivs Coro- na. Es sei nicht nur ein Begriff für eine Kö- nigs- bzw. Kaiserkrone und für das gegen- wärtige Pandemievirus, sondern auch ein Schimpfwort für eine Gruppe von Untaugli- chen, ein Bier, eine Automarke, Kinos und vieles andere.
Schülerinnen der Klasse 7b überreichen dem Jubilar eine Mappe mit originellen Geburtstagsüberraschungen
Coronabedingt musste er auf eine große Ge- burtstagsfeier verzichten. Die Klasse 7b sei- ner alten Schule hat sich aber Geburtstags- überraschungen für ihn ausgedacht. Die quirligen Schüler(innen) brachten ihm vor seinem Wohnhaus gegenüber ihrem Klas- sensaal ein Geburtstagsständchen, schmück- ten den Hauseingang mit Luftballonen, über- reichten ihm eine selbst gestaltete Mappe mit originellen Geburtstagsglückwünschen (teilweise sogar in Latein) und führten mit ihm ein kurzes Gespräch. Sich mit einem Hundertjährigen zu unterhalten, war für sie etwas Faszinierendes. Sie erzählten, dass
      Schüler(innen) des Saarpfalz-Gymnasiums unterhalten sich mit Alfons Seiler vor ihrer Schule im November 2015 anlässlich seines bevorstehenden 95. Geburtstags
Wünsche für die Zukunft hat er natürlich auch noch. An erster Stelle nennt er das Ende der unheilvollen Corona-Pandemie. Als er geboren wurde, endete die seit 1918 in drei Wellen grassierende Spanische Grippe, der viele Millionen Menschenleben zum Opfer gefallen waren. Er erklärt dann auch die Be-
man ihn am Saarpfalz-Gymnasium nicht ver- gessen habe, und wünschten ihm ein richtig hohes Alter bei guter Gesundheit. Mit hun- dert Jahren sei er ja noch jung – gemessen an den größeren Dimensionen der Ge- schichte. Der Jubilar war sehr gerührt, vor allem wegen des nicht alltäglichen Anblicks
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