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 Von der Deportation nach Gurs 1940
Gedenkveranstaltung im Stadtarchiv Homburg
1940 auf eine „Reise“ gezwungen wurden. Für viele endete diese grausam – auch für Rosalie Salmon aus Homburg.
Roland Paul: „Aus den Dossiers der Gurs- Internierten, die ich im Archiv in Pau einse- hen konnte, erhält man eine Vorstellung von der verzweifelten Lage, in der sich die Men- schen befanden. Ungezählte Anträge auf Ent- lassung wegen beabsichtigter Auswanderung oder die Bitten um vorübergehende Beur- laubung, um sich einige Tage in einem Ort außerhalb des Lagers aufhalten zu dürfen. Einige kamen auch in benachbarte Kranken- häuser, wo manche bald nach ihrer Einlie- ferung verstarben.“ Er wusste auch zu be- richten: „Von den am 22. Oktober 1940 de- portierten Saarländern mussten nach bishe- rigen Feststellungen mindestens 66, mögli- cherweise 75 Personen den Weg über das Zwischenlager Drancy nach Auschwitz an- treten. 14 Menschen waren nachweislich in Gurs verstorben.“ Seinen Vortrag schloss Ro- land Paul mit dem Appell, die Namen und Schicksale der Gurs-Deportierten festzuhal- ten, „damit sie nicht ganz vergessen werden“. Abschließend stellte Matthias Pöhler, Ge- schichtslehrer am Saarpfalz-Gymnasium, In- halte seines Seminarfaches „Erinnerungsar- beit Gurs“ in der Klassenstufe 11 vor. Neben einer gemeinsam zu erstellenden Broschüre soll eine App zu Erinnerungsorten in Hom- burg führen, sprich die Biografien jener Men- schen rekonstruieren, die deportiert wurden. Landrat Dr. Theophil Gallo: „Dem Saarpfalz- Kreis ist die stetige Pflege einer Erinnerungs- kultur ein großes Anliegen. Diese Pflege des Andenkens sind wir denen, die gelitten ha- ben, einfach schuldig, in unserer schnellle- bigen Gesellschaft darf so etwas nicht un- tergehen. Auch die geplante Ausstellung im kommenden Jahr wird dazu beitragen. Die 26 Wandtafeln werden dem Saarpfalz-Kreis von der Landeszentrale für politische Bil- dung kostenfrei zur Verfügung gestellt, die dann zunächst im Stadtarchiv Homburg zu sehen sein werden. Ich kann mich den Wor- ten von Roland Paul nur anschließen: Es bleibt unverzichtbar, dass wir uns immer und immer wieder erinnern. Dass wir mahnen in der festen Hoffnung, dass sich die Gräuelta- ten eines Naziregimes nicht wiederholen.“
 Am 22. Oktober vor 80 Jahren kam es zur ersten großen Deportation von Ju- den aus dem Deutschen Reich. Nach ihrer Verfolgung, Demütigung und wirt- schaftlichen Vernichtung wurden über 6.500 Juden aus ihrer pfälzischen, badi- schen und saarländischen Heimat in das Internierungslager Gurs in Frankreich am Rande der Pyrenäen verschleppt.
Diese Maßnahme ging von Josef Bürckel, Gauleiter Saarpfalz, und Robert Wagner, Gau- leiter Baden, aus und sah vor, alle Jüdinnen und Juden aus ihrem Machtbereich zu ver- treiben. Aus dem Saarland stammten 134, zu- meist ältere Menschen, aus Homburg 15. Ursprünglich sollte eine Ausstellungseröff-
nung unter dem Titel „Gurs 1940. Deporta- tion und Ermordung südwestdeutscher Jü- dinnen und Juden“ auch in Homburg statt- finden; sie musste jedoch aufgrund der Pan- demie auf den 8. April 2021 verschoben werden. Die Landeszentrale für politische Bildung des Saarlandes koordiniert jedoch auch weitere Projekte im Gurs-Gedenkjahr, wie beispielsweise die Gedenkveranstaltung, die am 22. Oktober 2020 dankenswerter- weise im Stadtarchiv Homburg unter Beach- tung der Corona-Regeln durchgeführt wer- den konnte.
Im Beisein u. a. von Dr. Sabine Graf von der Landeszentrale für politische Bildung, Rai- mund Konrad, Beigeordneter der Stadt Hom- burg, und Dieter Knicker, Erster Kreisbeige- ordneter, sprach der Historiker Roland Paul über das Schicksal jener Menschen, die
 Bei der Gedenkveranstaltung im Homburger Stadtarchiv (v. l.):
Dieter Knicker, Roland Paul, Raimund Konrad, Matthias Pöhler und Dr. Sabine Graf. Fotoquelle: Sandra Brettar
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  Die Landeszentrale für politische Bil- dung hat einen Flyer konzipiert, der Hintergrundwissen zu den damaligen Geschehnissen liefert. Er ist an der In- formationszentrale unserer Kreisver- waltung erhältlich. Alle Inhalte sind auch unter www.gurs.saarland nach- zulesen. Infos zum Stadtarchiv Hom- burg erhalten Sie unter www.stadtar- chiv-homburg.de und zum Saarpfalz- Kreis unter www.saarpfalz-kreis.de. n
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