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renhäuser Europas und bekannt für sein ge- hobenes Sortiment sowie seine Überfülle an Delikatessen. Die umworbene Kundin war nicht mehr „die gnädige Frau“ der Kaiserzeit, sondern „die kesse Biene“ mit Bubikopf. Das KaDeWe brachte seit den Goldenen Zwan- zigern den Damen das Schminken bei – ganz nach dem Motto des späteren Schlagers „Rote Lippen soll man küssen“. Zu DDR- Zeiten träumten viele Ostberliner(innen) von diesem Eldorado des Luxus. „Wir verkaufen Illusionen, Träume und Wünsche“, so lautet immer noch ein aktuelles Verkaufs-Credo im KaDeWe. Ebenfalls im Jahre 1907 wurde ei- nes der luxuriösesten, umsatzstärksten und bekanntesten Hotels in Deutschland eröffnet: das „Adlon“ am Brandenburger Tor. Es war für die elitäre Oberschicht bestimmt, wäh-
Das „Babylon“ als traditionsreiches Kino und kulturelle Veranstaltungsstätte am Rosa-Lu- xemburg-Platz gegenüber der „Volksbühne“
rend sich die großen Massen im Lunapark am Halensee vergnügten, einem frühen Dis- neyland am Ende des Kurfürstendamms. Er war Europas größter Freizeitpark, wurde 1909 eröffnet und 1933 von den Nazis ge- schlossen. Hier gab es alle möglichen Rum- melattraktionen der damaligen Zeit: Karus- sells, Berg- und Talbahn, Schieß- und Wür- felbuden, Wackeltreppe mit Gebläse am Ausgang zum Anheben der Damenröcke. Auch Tanzturniere, tägliche Feuerwerke, Showprogramm, Kabarett und Völkerschau- en durften nicht fehlen. Buffalo Bill war hier mit seiner Wildwest-Show zu Gast und Max Schmeling erlangte 1926 im Lunapark sei- nen ersten Titel im Boxkampf. Besonders be- liebt war die Wasserrutschbahn, die im See endete, und ein Wellenbad, das von den Berlinern „Nuttenaquarium“ genannt wurde, weil hier junge Damen freizügig die neueste Bademode präsentierten.
Das seit der Kaiserzeit (1871-1918) aufstre- bende Berlin brannte darauf, Sensationen zu bieten, um mit den anderen Metropolen der Welt gleichzuziehen. Amüsiermeilen mit Tanzcafés, Nachtclubs, Konzertsälen, Revue- theatern und Kinos gaben dem Nachtleben enormen Schwung. In der Weimarer Repu- blik konnten im Transvestitenlokal „Eldora- do“ sogar Homosexuelle offen verkehren – deutschlandweit ein Novum.Von 1928 bis 1943 war das „Haus Vaterland“ ein legen- därer Gaststättenbetrieb und Vergnügungs- zentrum am Potsdamer Platz. Das „Deutsche
Theater“, das 1850 in Berlin-Mitte eröffnet wurde, spezialisierte sich bis heute auf ein überaus anspruchsvolles Programm. Das Berliner Ensemble in Berlin-Mitte wurde im November 1949, kurz nach Gründung der DDR, eröffnet und spielt bis heute am Schiff- bauerdamm bevorzugt Stücke seines Grün- ders Bertolt Brecht. Das legendäre „Metro- pol“ am Nollendorfplatz wurde 1906 eröff- net, hat eine wechselvolle Geschichte als Theater, Kino, Diskothek sowie exklusiver Club- und Eventbetrieb. Das „Alhambra“ war ein Kinopalast am Kurfürstendamm und hatte seine besten Jahre in der Weimarer Re- publik, der Kinobetrieb wurde Mitte des 20. Jahrhunderts eingestellt. Das „Babylon“ ist ein repräsentatives Kino am Rosa-Luxem- burg-Platz gegenüber der „Volksbühne“. Es existiert seit der Weimarer Republik und wird heute zusätzlich für Kulturveranstaltun- gen genutzt.
Der „Admiralspalast“ in der Friedrichstraße gehört zu den traditionsreichsten Berliner
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Veranstaltungsorten. Er war seit dem Kaiser- reich als Badehaus, Vergnügungszentrum und Revuetheater beliebt. Im April 1946 fand hier der Vereinigungsparteitag von KPD und SPD statt, auf dem die Gründung der SED beschlossen wurde. Der „Friedrichstadt- Palast“ mit der größten Theaterbühne der Welt gilt heute noch als das „Las Vegas an der Spree“, mit dem die DDR trotz Mangel- wirtschaft die Überlegenheit des Sozialismus in der Unterhaltungswelt nachweisen wollte. Von vielen Berlinern wurde er als „Erichs Amüsierbude“ und wegen seiner Fassade als „Hauptbahnhof von Usbekistan“ verspottet. Wer die Berliner Kulturszene kennt, kann die Euphorie aus dem Schlager „Das ist Ber- lin“ gut nachvollziehen. Darin wird „die ewig junge Stadt“ als „Perle an der Spree“ besungen (unter anderem von Hildegard Knef), als „die Stadt, die meine Liebe hat. Genau im Mittelpunkt der Welt hat sie der Herrgott hingestellt.“
Eberhard Jung
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