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nächst ein Paradies war. Zwischen den Sperr- anlagen konnten sie ungestört ihre Höhlen ausbauen und waren vor natürlichen Fein- den geschützt. Die DDR-Politiker instrumen- talisierten die niedlichen Hoppler propagan- distisch als Symbol für das friedliche Leben hinter der Mauer. Wie die Menschen waren die Langohren aber auch neugierig auf die
die Mauer zu Fall und beendete die SED- Diktatur. Nach der Wiedervereinigung am
Steht abends ein DDR-Bürger auf der Aus- sichtsplattform des Fernsehturms, der von den Berlinern als „Imponierkeule“ und „Protzstengel“ verulkt wurde, und genießt den Rundblick: „Herrlich, ich sehe drei Welt- meere: Vor mir ein Lichtermeer, über mir ein Sternenmeer und hinter mir Garnischtmeer.“
Der „Tränenpalast“, die ehemalige Ausreise- halle der Grenzübergangsstelle Bahnhof Friedrichstraße in Ost-Berlin
Welt hinter der Mauer. Sie gruben Tunnel unter der Mauer hindurch und so gelangten einige in den Westen. Als Vorbild für Repu- blikflüchtlinge, aber vor allem als Plagetiere wurden sie später gejagt oder vergiftet. Aus- rotten konnte man sie aber nie. An der Chausseestraße sind sie verewigt als künst- lerisch gestaltete Messinghasen auf einem
Mauerkunst an der East Side Gallery: Anprangerung von Repressalien gegen Friedensaktivisten
3. Oktober 1990 wuchs – laut Friedensno- belpreisträger Willy Brandt – zusammen, was zusammen gehört.
Politische Witze als „Waffe der Wehrlosen“ (Sigmund Freud) machten die Lebensbedin- gungen in der DDR, insbesondere in ihrer Hauptstadt Ost-Berlin, verächtlich. Hier ein paar Beispiele:
Eine Frau geht durch ein Ost-Berliner Kauf- haus und fragt eine Verkäuferin: „Sagen Sie mal, haben Sie hier keine Schuhe?“ Die Ver- käuferin antwortet: „Keine Schuhe gibt es eine Etage tiefer, hier haben wir keine Ho- sen.“ Die Mangelwirtschaft der DDR ist ein bevorzugtes Thema vieler politischer Witze. So sollte Leipzig zur ersten heiligen Stadt des gesamten Ostblocks ernannt werden. Warum? – Die Antwort ist lakonisch: „Zwei Messen jedes Jahr, und dazwischen wird ge- fastet.“
Oder: „Was haben eine Konsumverkäuferin und ein Kosmonaut wie Sigmund Jähn ge- meinsam?“ – „Beide kennen den leeren Raum.“
Vor dem Gefängniswaggon in der Gedenk- stätte Hohenschönhausen, einem „Gefange- nensammeltransportwagen“ der Deutschen Reichsbahn, als „Grotewohl-Express“ berüch- tigt – als Reminiszenz auf den ersten Minister- präsidenten der DDR von 1949 bis 1964.
Die sieben „A“ des Sozialismus: „Alle Arbeit auf andere abwälzen, anschließend anschei- ßen!“
Einem Mann in der DDR ist der Papagei ent- flohen. Der Besitzer läuft sofort zur Stasi und versichert: „Ich möchte Ihnen nur mitteilen, dass ich die politischen Ansichten meines Papageis nicht teile.“
Der deutsche Bundeskanzler und der SED- Chef Erich Honecker unterhalten sich bei ei- nem Treffen über ihre Hobbys. Sagt Kohl: „Ich sammle Witze, welche die Leute über mich machen, und du?“ – „Ich sammle Leu- te, die Witze über mich machen.“
Geht ein kleiner Junge in Ost-Berlin an der
East Side Gallery: Flüchtlingsstrom durchbricht die Mauer
Abschnitt des Bürgersteigs in Höhe der Lie- senstraße. Die Mauerhasen waren sogar The- ma des politischen Witzes: Über die Zonen- grenze hoppelt ein Kaninchen in den Westen und beantragt dort Asyl mit der Begründung, in der DDR würden jetzt alle Elefanten ver- folgt. – „Du bist doch gar kein Elefant“, er- widerte man dort. – „Das weiß ich auch, aber machen Sie das mal der Stasi klar.“
Noch am 14. August 1989, knapp drei Mo- nate vor dem Mauerfall, war Ulbrichts Nach- folger Erich Honecker fest vom Sieg des real existierenden Sozialismus in der DDR über- zeugt. Der SED-Chef prognostizierte damals selbstsicher in Erfurt: „Den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf.“ Im Januar desselben Jahren irrte er ebenso mit seiner dogmatischen Formulie- rung:„Die Mauer wird auch in 50 und in 100 Jahren noch bestehen.“ Aber die Fried- liche Revolution in der DDR 1989 brachte
Überrest der Berliner Mauer in der Gedenkstätte Bernauer Straße
Auf die Frage „Wie ist die Stimmung in der DDR?“ folgt die Antwort: „Sie hält sich in Grenzen.“
„Was ist die Lieblingssportart eines Ossis?“ – „Bobfahren: links ne Mauer, rechts ne Mauer und dazwischen geht es immer berg- ab.“
Eine Projektgruppe des Homburger Saarpfalz- Gymnasiums zu Besuch in der Gedenkstätte des Stasi-Gefängnisses Hohenschönhausen (2013)
Spree entlang. Dort rettet er einen Mann, der ins Wasser gefallen ist und zu ertrinken droht. Es ist Erich Honecker und er bedankt sich: „Mein Junge, du bist ein Held! Du hast mir das Leben gerettet und der DDR ihren Staatsratsvorsitzenden. Du hast einen Wunsch frei, egal welchen.“ – Sagt der Jun- ge: „Ich hätte gern ein Staatsbegräbnis.“ – „Wieso denn das? Du bist doch noch so
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