Page 57 - Ausgabe 032 / April 2015
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in Homburg ob der Zahl der Toten: In dieser Nacht hatten 206 Menschen ihr Leben ver- loren. Einzig Glück in diesen Stunden des Unglücks hatten die Vielen, die in den Schlossberghöhlen Zuflucht gesucht hatten. Tod und Verderben hatte zumindest sie ver- schont. Doris Seck, die erst kürzlich verstor- bene Verfasserin von Abhandlungen über den Zweiten Weltkrieg schrieb zum 50. Ge- denktags des Unglücks in der „Saarbrücker Zeitung“, dass man nur erahnen könne, um wie viel größer die Zahl der Toten gewesen wäre ohne die Flucht in die sicheren Sand- steinhöhlen.
Einmarsch der Amerikaner am Rondell
Unter den Opfern waren Männer, Frauen und Kinder aber auch Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter. Bei den immer wieder statt- findenden Angriffen auf den Homburger Bahnhof wurde gerade ihnen nicht selten seitens der Aufseher der Zutritt in die Bunker verwehrt. Anders im Landeskrankenhaus, wo ein Kriegsgefangenenlager eingerichtet war. Hier hatten zumeist ukrainische und russi- sche Soldaten einen eigenen Bunker graben dürfen, der ihrer Zuflucht dienen solltet. Bis heute sind an Decke und Wänden kyrillische Zeichen zu erkennen. Das Klinikgelände blieb wie ein Wunder von jeglichem Bombardement verschont. Wer hätte mit einem solch schweren Angriff auf Homburg gerechnet? Ahnte man oder wusste man doch schon, dass die Alliierten auf dem Vor- marsch waren und immer näher rückten? Kanonendonner war in unmittelbarer Nähe zu vernehmen.
Der Schrecken der Geschehnisse wurde erst durchbrochen, als amerikanische Soldaten ganze vier Tage später, am 18. März, in Homburg einzogen. Einige wenige Fotogra- fien erinnern an deren Einmarsch durch die stark zerstörte Kreisstadt. Interessant die Tat- sache, dass zwei Führer der Hitlerjugend vom Gefechtsstand im ehemaligen Gasthaus auf dem Schlossberg aus mit einem Maschi- nengewehr amerikanische Panzer in der Zweibrücker Straße beschossen. Quasi das letzte Aufbäumen eines fanatischen Wider- stands. Die beiden hatten zuvor das NS- Ju- gendheim, das anstelle des noch aus der Herzogszeit stammenden ehemaligen jüdi- schen Anwesens Hirsch errichtet wurde, in die Luft gesprengt.
Fazit des Grauens
Bei 37 Fliegerangriffen kamen in Homburg über 430 Menschen ums Leben, darunter 136 Frauen und 50 Kinder. Vierzig auslän- dische Opfer sind eingerechnet. 27 Personen konnten nicht mehr identifiziert werden, 21 wurden vermisst. Verwundet wurden über 350 Menschen. Viele Homburger lernten be- ten in dieser Zeit oder sie verlernten es. Ihr Herz blutete und manche von ihnen konnten danach kaum mehr weinen. Der „totale Krieg“, von vielen bewusst in Kauf genom- men, hatte nun auch in Homburg seinen schrecklichen Tribut gefordert. Zugegeben, ein zu großes Opfer für Homburg.
Zu viele hatten sich in den 10 Jahren zuvor verführen lassen, resignierten oder gaben der Gewalt nach, um ihr normales Leben zu si- chern. Die Verhaftung von politischen Geg- nern nahmen sie hin, genauso wie den Exo- dus ihrer vormaligen jüdischen Nachbarn. Die militärische Aufrüstung hielten sie für den Ausdruck eines neuen deutschen Selbst- bewusstseins nach der Schmach von Versail- les. Die meisten Zeitgenossen versuchten, ihre kleinen privaten Bereiche für sich zu behalten; sie passten sich an und wollten nicht auffallen. Sie waren ganz „normale“ Leute und nicht verantwortlich für das Un- heil, das geschah. Aber eben auch nicht un- schuldig. Letzten Endes fiel das Unglück auf
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sie zurück, denn der Krieg fragte nicht nach Schuld oder Unschuld. Eine Ordensschwes- ter der Mallersdorfer Franziskanerinnen schickte ihren Angehörigen von Homburg aus einen Brief in die bayerische Heimat, in dem sie nicht nur auf die Zerstörungen ihres Schwesternhauses einging, sondern den alt-
Fliegerangriff vom 23.05.1944 Oberer Eisenbahnstraße
testamentlichen Psalm 73 zitierte, in dem es heißt: „Die Gottlosen...reden und lästern. Was sie reden, das soll vom Himmel herab geredet sein, was sie sagen, das soll gelten auf Erden. Darum fällt ihnen der Pöbel an- heim und läuft ihnen in Haufen zu...“.
Die Vergangenheit zu verdrängen und die Opfer der Bombenangriffe mit den jüdischen Opfern aufzurechnen oder das eine mit dem anderen vergleichen zu wollen, ist nicht Auf- arbeitung der Vergangenheit. Mit der Hoff-
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