Zur Entstehung der Schlawerie Von Walter Petto, Teil 7
Zur Entstehung des Neunkircher Ortsteils “Schlawerie” und zur Deutung des Namens
Weitere Nennungen der Siedlung und kartographische Darstellungen
1806 Schlaberie (Gillenberg33). Um 1818 Schlapperie(Karte von Tranchot-Müffling)
1820 Schlavery, zur Bürgermeisterei Neunkirchen, 30 kath. und ev. Seelen34.
1822 Schlaverie auf einer Kopie der renovierten nassaussischen Katasterkarte. Genannt als Namen von Bewohnern werden Becker, Lehberger, Leitner, Lieblang,
Müller, Schillet35. 1833 Schlaverie, Weiler der Bürgermeisterei Neunkirchen,14 Privathäuser, 97 Einwohner, 77 kath., 20 ev.36. 1843 Schlaverie,Weiler (wie oben),
15 Wohnhäuser,119 Einwohner, 48 männl., 71 weibl., 99 kath., 20 ev.37.
1850 Schlawerei38 Um 1900 Slaverie39 1912 Schlaverie, Kolonie, 2 km von Neunkirchen, 246 Einwohner40.
Kartographisch erfasst ist die Schlawerie in folgenden Ausführungen:1) Erstmals in einer Skizze im Neunkircher Bannbuch von 1770, die nur das Areal von 8 Morgen ohne Wohnstätten wiedergibt (Abb. 3). 2) Auf der nassauischen Katasterkarte von 177041 liegt sie, eben falls namentlich nicht genannt, nördlich des Weges zum Sinnertal ganz in der Nähe des Sinnerbaches und umfasst 6 Gebäude, darunter ein längliches, das wohl mehrere Wohnungen barg. Zwei sehr kleine Baulichkeiten könnten Ställe oder Schuppen darstellen (Abb. 4). 3) In einer Kopie der nassauischen Karte aus dem Jahr 179742. 4) Ähnliches zeigt die Tranchot-Müfflingsche Karte um 1818 mit der Bezeichnung „Schlapperie“ (Abb. 5).
5) Eine weitere Darstellung bietet die renovierte nassauische Karte (um 1820) von Tractus (Flur 25) von Neunkirchen43 mit einem vergrößerten Ausschnitt der Schlawerie und den Namen der Hausbesitzer (Abb. 6). Die Wiedergabe bei Gillenberg44 weist schriftliche Zusätze auf, die, der Handschrift nach zu urteilen, neueren Datums sind. Die damals dort wohnenden Familien sind schon genannt worden.
Warum „Schlawerie“? Ein Deutungsversuch. Erinnern wir uns daran, dass der Siedlungsname „Schlawerie“ nicht nur in Neunkirchen vorkommt, sondern auch in Rentrisch, Rohrbach, Friedrichsthal, Dörsdorf, Alsweiler und möglicherweise auch in Hirschland im Krummen Elsaß. In den meisten dieser Fälle bezeichnet das Substantiv eine Ansammlung von Behausungen oder Unterkünften, in denen Menschen lebten, deren Leben mit einer industriellen Unternehmung verknüpft war. In Neunkirchen war es eine Eisenhütte, in Friedrichsthal eine Glashütte, in Rentrisch wahrscheinlich eine Waldarbeiterkolonie. Bemerkenswert ist das in zwei Orten der Name fast gleichzeitig erstmals auftaucht, 1764 in Rentrisch, 1765 in Neunkirchen. Die Benennung ist also nicht einmalig als Eigenname verliehen worden, sondern es muss damals einen Gattungsbegriff, der „Schlawerie“ oder ähnlich lautete, gegeben haben. Verliehen wurde er einer Ansammlung von schlichten Behausungen oder Hütten, jedenfalls bescheidenen Unterkünften, in denen Holzfäller, Köhler, Erzgräber, Tagelöhner, Hirten, also Menschen mit nicht gerade gehobenen Beschäftigungen lebten. Im Falle von Rentrisch wurde er nur einmal angewandt, in Friedrichsthal und Alsweiler ist er bis in die jüngere Vergangenheit bekannt geblieben, in Neunkirchen ist er bis heute als Name eines Stadtviertels gegenwärtig. Wenn wir den Berichten der alten Leute, geboren um 1850/60, die dem Chronisten Wingert Auskünfte erteilten, Glauben schenken, so standen auf der Schlawerie vor 1900 ärmliche, primitive Unterkünfte von der Art, wie sie in Beschreibungen von Waldhüttendörfern des Hochwaldes vorkommen. Entsprechend müssen auch die Lebensverhältnisse der Bewohner gewesen sein. Jedenfalls müssen sie sich von den Häusern und Wohnungen der Handwerker und Untertanen qualitativ unterschieden haben. Auch für Alsweiler haben wir ähnliche Angaben.
Quellennachweis: 33 Gillenberg (wie Anm. 24), S. 11.34 Statistisch-topographische Beschreibung des Regierungs-Bezirkes Trier, Trier (um 1820), S. 107. 35 Gillenberg (wie Anm. 24), S. 11. 36 (Schlickeysen), Topographische Beschreibung des Regierungs-Bezirks Trier, Trier 1833, S. 75. 37 Georg Bärsch, Beschreibung des Regierungsbezirks Trier, Bd 1, Trier 1846, S. 53.38 Helmut Frühauf, Eisenindustrie und Steinkohlenbergbau im Raum Neunkirchen-Saar, Trier 1980, S. 25.39 Klingebeil’s Kleine Heimatkarte für Saarbrücken, St. Johann, Malstatt-Burbach und die nächste Umgebung, in: 75 Jahre Gesellschaft für Straßenbahnen im Saartal AGS 1892 - 1967, Saarbrücken 1967, S. 57. 40 Meyers Orts- und Verkehrslexikon (wie Anm.13), S. 293. 41 Umweltministerium, jetzt im Landesarchiv Saarbrücken.42 Reproduziert in: Stadt Neunkirchen (wie Anm. 5), S. 67. - Vgl. auch Rudolf Drumm, Der Untergrund der Stadt Neunkirchen, in: Unsere Heimat. Blätter für saarländisch-pfälzisches Volkstum, Jg 2, Okt.1936/Nov. 1937, S.7(mit ausführlicher Beschreibung) 43 Wie Anm. 41. 44 Gillenberg (wie Anm. 24) 1989
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