Zur Entstehung der Schlawerie
Zur Entstehung des Neunkircher Ortsteils “Schlawerie” und zur Deutung des Namens Von Walter Petto, Teil 5
Es gibt keine Hinweise, daß die Siedlung schon 1683 durch französischsprachige Arbeiter, die damals das Gros der Belegschaft des Hüttenwerkes bildeten, angelegt wurde25.
Mehr spricht für die von Hoppstädter vertretene und hier schon zitierte Ansicht, daß die Schlawerie eine Art Ausweichsiedlung für Arbeiter der 1749 angelegten Neuen oder Oberen Schmelze war. Nach Ablauf der Pachtzeit der Familie Koch im Jahre 1730 war das Werk in herrschaftlicher Regie betrieben worden. In den 1740er Jahren ging Fürst Wilhelm Heinrich wieder zum System der Verpachtung über. Nach und nach kamen die nassauischen Werke in die Hände zumeist jüdischer Pächter aus dem Elsass, ausgenommen die Neunkircher Hütte. Für diese fanden sich Interessenten aus Frankfurter Kaufmannskreisen. Am 20. August 1748 übernahm die Firma Thomas von Stockum und Söhne in Frankfurt am Main das Neunkircher Werk nebst dem neu erbauten Stahlhammer auf 16 Jahre in Temporalbestand. Ein Inventar erwähnt neben den Fabrikanlagen auch eine Anzahl von Wohnhäusern. Eine Verfügung von Fürst Wilhelm Heinrich vom 11.März 1749 erlaubte den Pächtern, eine zweite Schmelze am „Hasselbächer Weyher“ zu erbauen. Diese Schmelze wurde dann “Schmelze am Sinnerbach”, “Neue Schmelze” oder “Obere Schmelze” genannt; letztere Bezeichnung hat sich als Oberschmelz durchgesetzt und ist bis heute geblieben. Das neue Werk hatte einen Hochofen mit zwei großen Blasbälgen, eine Sandgießerei, ein Formhaus, eine Erzwäsche, eine Kohlenscheuer sowie drei Arbeiterwohnungen. Es lag am Rande des Kohlwalds an der Wiebelskircher Bann scheide. Schon 2 ½ Jahre vor Ablauf der Pachtzeit erfolgte am 25.Februar 1762 deren Verlängerung um 6 Jahre und am 25. Februar 1768 mit Johann Jakob von Stockum und dessen Sohn Johann, wozu 1771 Isaak Schombart aus Frankfurt hinzutrat, um 16 Jahre26. Wahrscheinlich genügten die Arbeiterwohnungen bei der Oberschmelz auf die Dauer nicht und weitere Unterkünfte waren erforderlich. Die Tatsache, dass die ersten Bewohner der Schlawerie vorher zumeist bei der Oberschmelz wohnten und auch die räumliche Nähe zwischen beiden Standorten machen diese Annahme wahrscheinlich. Allerdings enthalten die Akten über das Neunkircher Werk keine Angaben in dieser Richtung. Warum gerade diese Stelle, die ja auf der anderen Seite des Sinnerbachs lag und mit der Oberschmelz durch eine bachabwärts gelegene Brücke nur indirekt verbunden war, zur Ansiedlung gewählt wurde, bleibt vorerst noch im Dunkeln. Erstmals erwähnt wird die neue Niederlassung in einer Beschreibung der Herrschaft Ottweiler von 1765. Darin wird unter der Meierei Neunkirchen neben dem Dorf, dem fürstlichen Schloss, dem alten und dem neuen Eisenwerk und einer Mahlmühle auch die „sogenannte Schlabery“ aufgeführt27. Der Zusatz „sogenannte“ ist zu deuten als Ausdruck des Inoffiziellen, Provisorischen, noch Vorläufigen. Es kann also geschlossen werden, dass diese Anlage neu war, noch nicht lange existierte. Der nichtamtliche Charakter der Bezeichnung geht auch aus der Tatsache hervor, dass im Bannbuch von Neunkirchen28, angelegt1770 vom dem Geometer Johann Georg Deißinger, im Tractus (Flur) 25 unter der Nr. 3 als Herrschaftsgut lediglich „Gärten und Kohlenbrenner und Erzgräber-Hütten. Hinter dem alten Hof.“, 8 Morgen umfassend, verzeichnet sind. Ein späterer Zusatz besagt: Dieses Stück ist an die Einwohner auf der Schlawerie unterm 25. September 1784 vor eigen verkauft und wie auf 4 Blättern zu ersehen, vertheilet worden. So hat sich etwa 20 Jahre später der Name durchgesetzt. Demnach sind diese Behausungen vor 1765 für Arbeiter des Neunkircher Werkes auf herrschaftlichem Land errichtet worden. Es fällt jedoch auf, dass in dem Pachtvertrag mit von Stockum 1762 die Planung dieser Wohnungen noch nicht vorkommt, und auch sonst kein Hinweis in den Akten zu finden ist.
Das Neunkircher Bannbuch nennt auch die Namen der sieben Eigentümer der einzelnen bewohnten Parzellen, alle 24Ruten umfassend:
3 A: Peter Heyntz, jetzt Peter Platt per Kauf vom 5.März 1785
3 B: Georg Schmeltzer, jetzt Christian Becker per Kauf vom 30. August 1791
3 C: Christian Brunions Wittib
3 D: Jacob Lieblang
3 E: Johannes Lieblang
3 F: Michel Lieblang
3 G: Ludwig Lieblang, jetzt Heinrich Ganther, per Steigerung vom 14. Juli 1787
Dazu gehörten jeweils Gärten von 1/8 Morgen und Ackerland von 3 Morgen.
Schon bald nach dem Verkauf der Grundstücke trat in zwei Fällen ein Besitzwechsel ein. Diese Fluktuation ist typisch für die Siedlung. Erst ab Anfang 1776 werden im kath. Kirchenbuch von Ottweiler anlässlich von Kasualien Familien mit dem Wohnsitz „Schlavery“ erwähnt. Diese Familien sollen nun auf Herkunft, Beruf, Verweildauer untersucht werden.
Quellennachweis:
25 Vgl. Landesarchiv Saarbrücken (LAS) Best. NSB II Nr. 2774; Bernhard Krajewski: Neunkirchen und sein Eisenwerk, in Festschrift zur Ausstellung “Erz und Stahl” in Neunkirchen vom 13. - 28.09.1952. Neunkirchen 1952, S. 12f. - Unzutreffend ist die Angabe, dass diese Arbeiter französischer Sprache vom Hüttenmeister Remacle Joseph Hauzeur herbeigezogen wurden. Hauzeur übernahm die Pacht des Neunkircher Werkes erst 1694 und übersiedelte schon 1697 nach Züsch (Walter Petto, Erz und Eisen im Hochwald, Nonnweiler 1997, S.103)
26 A. Hasslacher: Beiträge zur älteren Geschichte des Eisenhüttenwesens im Saargebiet, in: Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Preußischen Staate, Bd 44, Berlin 1896, S.10
27 Cameral-Bericht vom Dez. 1765, in: Saarbrücker Zeitung vom 15.04.1888. Ähnlich in: Wolf Schwingel (Hg.): Oberlinxweiler, ein Lese- und Quellenbuch zur Ortsgeschichte in St. Wendel 1986, S. 13
28 LAS Best. NSB II Nr3214 bis 3216, hier 3216
Wegen der Exkursion am 6. August 25 ins Saarländische Schulmuseum Ottweiler, findet im August kein Vortrag des HVSN statt.