Zur Entstehung des Neunkircher Ortsteils “Schlawerie” und zur Deutung des Namens Von Walter Petto, Teil 1
Was ist die Schlawerie?
Schlawerie ist der Name einer Wohngegend der Stadt Neunkirchen. Eigentlich ist es nur eine Straße, der Sinnerthaler Weg.
Dieser biegt unweit des heutigen Stadtzentrums rechts von der Saarbrücker Straße ab, macht einen Bogen nach links und verläuft dann parallel zur Saarbrücker Straße und der Eisenbahnlinie. Am Anfang liegt rechts der Privatfriedhof der Unternehmerfamilie Stumm, dann fängt zu beiden Seiten die Bebauung an. Noch heute ist das Viertel abgelegen; die Eisenbahnstrecke bildet einen Riegel zum Sinnerbach. Vergeblich sucht man im Straßenverzeichnis nach einem Namen, in dem „Schlawerie“ vorkommt. Noch vor dem Krieg gab es eine Schlaveriestraße1, die wohl infolge der Ausdehnung der Hüttenanlagen verschwunden ist. Bis wenige Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges hat die kleine Siedlung im breiten Wiesental des Sinnerbachs ihren ländlich-idyllischen Charakter bewahrt. Im 19. Jahrhundert wird dort eine Schneidmühle erwähnt. 1911 begannen die Arbeiten an der durch den industriellen Aufschwung notwendigen Erweiterung des Bahnhofs Neunkirchen. In der Nähe der Schlawerie wurde ein großer Rangierbahnhof angelegt mit breiten Gleisanlagen und Brückenwerken. Dabei verschwand viel Grün, selbst Straßen mussten verlegt werden. Schon bei der Anlage der Saarbrücker Bahn ab 1848 war die Schlawerie in zwei Teile zerschnitten worden. Nun, 65 Jahre später, mussten die zum Sinnerbach hin gelegenen Häuser weichen (Abb. 14 und 2). In die Schlagzeilen geriet die Schlawerie am 10. Februar 1933 anlässlich der bis heute unvergessenen Explosion eines gigantischen Gaskessels an der Saarbrücker Straße, der insgesamt 58 Todesopfer forderte, darunter die Frau eines Lehrers und zwei Schulkinder auf der Schlawerie. Schwer getroffen wurde der Ortsteil auch zusammen mit Sinnerthal durch den Großangriff auf die Bahnanlagen am 27. Mai 1944. Dabei kamen 43 Menschen ums Leben. Von der alten Bausubstanz ist heute kaum noch etwas erhalten.
Wo kommt die Ortsbezeichnung noch vor?
Der Namen „Schlawerie“ in Neunkirchen ist nicht die einzige bekannte Benennung. Auch an anderen Orten hat es diese Bezeichnung gegeben.
Rentrisch
Das katholische Kirchenbuch von Saarbrücken-St. Johann verzeichnet am 4. September 1764 die Taufe der Tochter Katharina des Paares Nikolaus Severin und Margarita geb. Kort „ex Schlavery de Rendrisch“. Diese Ortsangabe kommt nur einmal vor. Die Severins waren vor 1760 als Waldarbeiter nach Rentrisch gekommen und werden bis 1775 dort genannt. Als Wohnort in allen anderen die Familien betreffenden Einträgen kommt nur Rentrisch bez. Wald bei Rentrisch vor. „Schlavery“ könnte hier eine Köhler- und Holzfällersiedlung bedeuten, die vielleicht mit den späteren Rentrischer Hütten gleichzusetzen ist.
1. Philipp Wingert: Neunkirchen im Wandel der Zeiten, in: Neunkircher Hüttenzeitung, Jg 7, Nr. 6 vom 30.06.1936 Seite 4. Der Aufsatz scheint einige Zeit zurück zu datieren, denn die Gasometerexplosion vom Februar 1933 wird nicht erwähnt, jedoch die von Grubensenkungen verursachten Schäden.
2. Familienkundliche Aufzeichnungen des Redemptoristenpaters Vinzenz (Nikolaus) Edelblut, Trier 1929
3. Die Geschichte des Neunkircher Bahnhofs, in Neunkircher Hefte Nr. 9 1987 Seite 34ff; Neunkircher Zeitung vom 28.05.1914
4. L. Debusmann, Situationsplan von Neunkirchen (um 1880/90), 1:4000, Stadtbibliothek Saarbrücken.
5. B. Krajewski (Hg.), Stadt Neunkirchen (Saar), Stadt des Eisens und der Kohle, Neunkirchen 1955, S. 213, 300, 138
Fortsetzung folgt
In Kasten:
Mitteilung über nächsten Vortrag.
Im Februar Vortrag des Historischen Vereins Stadt Neunkirchen erzählt uns Manfred Ruffing, Elektromeister i.R u. langjähriges Vereinsmitglied, die Geschichte „ der Mühlen im Ostertal“, von denen die Eichelthaler Mühle auf Münchwieser Bann liegt und damit die Einzige der Ostertal Mühlen im Stadtgebiet von Neunkirchen ist. Mühlen waren früher wichtig für die Verarbeitung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse vor Ort da weite Transporte für die Bauern nur schwer oder garnicht möglich waren. Von den 9 Mühlen im Ostertal sind leider schon einige für immer verschwunden. Von diesen und den noch vorhandenen Mühlen handelt der Vortrag.
Der Vortrag findet statt am 5. Februar bei der VHS, Marienstr. 2. Nichtmiltglieder zahlen 3€, Gäste sind herzlichst willkommen.