Zur Entstehung der Schlawerie
Zur Entstehung des Neunkircher Ortsteils “Schlawerie” und zur Deutung des Namens
Die ersten Familien
Zu den ersten Siedlern gehörte die Witwe des 1784 verstorbenen Köhlers Christian Brunion (Prugnon, Prignon) Margarethe geb. Camy. Da sie kinderlos war, nahm sie anscheinend ihren Neffen Peter Prugnon auf, verheiratet ab 1775 mit Christina Baltes aus Gennweiler, wo noch das erste Kind zur Welt kam.
1776 wohnte die Familie auf der neuen oder oberen Schmelz, dann 1778 auf der Schlawerie, von wo sie nach 1783 verschwindet. Entweder schloss sich Peter Prugnon der damals auf Hochtouren laufenden Auswanderung nach Ungarn (Banat, Batschka) oder nach Galizien in Österreichisch-Polen an oder ist nach St. Ingbert gezogen. Gesichert dort ist aber nur sein Bruder, der Erzgräber und Kohlenbrenner Andreas Prugnon, der dort heiratete und bis heute Nachkommen des Namens Brunion hat.
Der Großvater der beiden Brüder, Andreas Prugnon, war wohl Wallone – der Familienname Prignon existiert heute noch in Belgien – und erscheint schon 1700 als Köhler in den Wäldern bei Züsch, wo der aus Verviers stammende Hüttenmeister Remacle Joseph Hauzeur einige Jahre zuvor von Neunkirchen aus, dessen Hütte er von 1694 bis 1697 in Pacht hatte, eine Eisenschmelze gegründet hatte. Prugnon ging den umgekehrten Weg und zog südwärts und ließ sich nach Zwischenetappen in den Wäldern um Illingen und beim Bildstocker Hof auf dem Neunkircher Eisenwerk nieder. Peter Prugnon war also schon in der dritten Generation in unserer Gegend zu Hause.
Die eigentliche Kernfamilie auf der Schlawerie wurde die große Sippe Lieblang, von der sich gleich mehrere Vertreter hier ansiedelten. Hier ist zunächst auf die Vorgeschichte einzugehen. Martin Liblanc/Lieblang kam 1683 in das noch vom Dreißigjährigen Krieg entvölkerte Bexbach (damals Mittelbexbach) und erhielt 1685 mit acht weiteren Familienoberhäuptern mit französischen Namen vom Grafen von Nassau-Saarbrücken das Niederlassungsrecht. Die Neusiedler waren gehalten, statt einfacher und leicht versetzbarer Hütten, wie sie Köhler benutzten, solide Häuser aus Stein zu bauen, damit ihr Verbleiben gesichert war (29).
Martin war wohl auch Wallone (der Name existiert noch heute in Belgien und könnte eine Variante von Leblanc sein) und erscheint als Martin Lisblanc 1685/86 in Lohnlisten des Neunkircher Werkes als Köhlermeister (maître charbonnier) (30). Diesem Beruf bleibt die Familie über mehrere Generationen treu. Martins Sohn Jean, verheiratet mit Elisabeth Dumont, ließ sich in Münchwies nieder. Drei seiner Söhne blieben im Land: Heinrich verblieb in Münchwies, Ludwig ließ sich in Oberbexbach nieder (sein Sohn Mathias wanderte in das Banat aus), und der uns hier vor allem interessierende Christian Lieblang, verheiratet mit Francisca Garé, zog um 1750 auf die „Neue Schmelze", wo er schon 1759 verstarb.
Seine Witwe gehörte 1763 mit 4 Söhnen und 2 Töchtern zu den „freien Leuten" auf dem Eisenwerk und kam vor 1776 auf die Schlawerie, wo sie 1780 verstarb. Ihre Söhne Ludwig, Johann, Michael und Heinrich und deren Nachkommen waren ebenfalls Tagelöhner (Köhler, Erzgräber) für das Neunkircher Werk. Als Wohnsitz wird teils das neue Werk, teils die Schlawerie angegeben; anscheinend wechselten von Zeit zu Zeit die Arbeiter zwischen diesen beiden Wohnstätten.
Erwähnenswert ist noch, dass 1797 ein Schuhmacher namens Jean Louis Dufresne aus Bayeux in der Normandie in die Familie Lieblang einheiratete. Er war wohl mit den Revolutionstruppen ins Saarland gekommen. Seine Witwe heiratete 1818 den Hammerschmied Johann Schille.
Eine weitere katholische Familie kam auf die Schlawerie mit dem Tagelöhner Johann Lehberger von der Graulheck bei Schiffweiler, der 1799 Margarethe Spaniol aus Landsweiler heiratete. Sein Großvater Blasius Lehberger stammte aus Reit im Winkl im bayerischen Allgäu und war vor 1716 nach Hangard gekommen, wo er sich mit seiner einheimischen Frau Anna Didier niederließ. Johann Lehbergers Schwester Margarethe wurde 1798 die Frau von Peter Franz König, Kohlenträger und Erzpocher, aus Neunkirchen. Auch diese Familie wechselte zwischen der Schlawerie und der Oberschmelz.
Der Fuhrknecht Christian Becker, Sohn von Jakob Becker aus Mainzweiler, war evangelisch-lutherisch. Er war ursprünglich Fuhrknecht auf der Neuen Schmelz, dann Hirt auf dem Neunkircher Hof und siedelte vor 1791 vom Neuen Werk auf die Schlawerie über und starb 1810 als Tagelöhner. Auch sein Sohn Gottlieb Becker, von Beruf Aufgeber (31), und seine Schwiegersöhne Christian Rau und Michael Recktenwald fanden dort ihre Bleibe.
Es würde zu weit führen, alle von mir bis 1820 erfassten Einwohnerfamilien (32) hier aufzuzählen. Die nicht genannten hielten sich überwiegend nur vorübergehend auf der Schlawerie auf. Dieses Kommen und Gehen ist ein charakteristisches Merkmal für das Wohnverhalten in der Siedlung.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl die Slawentheorie als auch die Hugenottentheorie jeder Grundlage entbehren. Auch die Ansiedlung von Wallonen ist nicht zutreffend. Zwar stammten einige der Ersteinwohner von wallonischen oder französischen Einwanderern ab, waren aber schon seit mehreren Generationen im Umkreis von Neunkirchen und als Arbeiter für dessen Hütte zu Hause, also alles andere als Fremde. Ihre Vorfahren hatten teilweise in einheimische Familien eingeheiratet. Sie gehörten zum Stammpersonal des Hüttenwerkes.
Quellennachweis:
29 Kurt Hoppstädter: Stadt Bexbach, ein Heimatbuch, Bexbach 1971, S. 102ff.
30 Wie Anm. 25.
31 Der Aufgeber beschickt den Hochofen mit Erz und Kohlen.
32 Zusammengestellt nach Kirchenbüchern, Zivilstandsregistern, gedruckten Quellen und vielen Mitteilungen. Diese im Einzelnen zu nennen würde zu weit führen.
Im Kasten:
Hans-Jürgen Glaab, Leiter des Heimatmuseums Wemmetsweiler, erzählt uns am Mittwoch den 3. September 2025 um 19 Uhr im VHS- Gebäude Neunkirchen, Marienstr. 2, im Rahmen der monatlichen Vorträge des HVSN „Die Geschichte der Fischbachbahn“. Nichtmitglieder zahlen 3€, Gäste sind herzlichst willkommen.